Heftige Kritik aus Ostbelgien für die EU-Kommission

Ein Schild weist auf der österreichischen Seite des deutsch-österreichischen Grenzüberganges Weißbach bei Füssen (Bayern) auf die Mautpflicht auf österreichischen Autobahnen hin. | Karl-Josef Hildenbrand/dpa

„Die Entscheidung der Kommission ist eine glasklare und inakzeptable Fehlentscheidung, denn die Diskrimination nicht-deutscher Staatsbürger liegt nach wie vor auf der Hand. Darum ist es jetzt umso wichtiger, dass die EU-Mitgliedstaaten die Akte vor den Europäischen Gerichtshof bringen. Der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried, der Mitinitiator unserer Anti-Maut-Koalition ist, hat heute bereits angekündigt, eine Klage vorzubereiten. Auch die Niederlande und Tschechien hatten in der Vergangenheit Bereitschaft zu einer Klage signalisiert. Ich bin zuversichtlich, dass diese Maut vor dem Europäischen Gerichtshof nicht standhält. Denn es ist eindeutig nicht EU-rechtskonform, wenn alle zahlen müssen, nur die deutschen Autofahrer nicht“, erklärt der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) in einer Reaktion auf die Bekanntmachung der EU-Kommission, das Vertragsverletzungsverfahren gegen die deutschen Mautpläne einzustellen. Verärgert zeigt sich der ostbelgische EU-Abgeordnete auch darüber, dass die Kommission über den Einspruch der von ihm mitinitiierten Anti-Maut-Koalition im Europäischen Parlament hinweggeht. „Unsere Resolution, die eine breite Mehrheit im Parlament hatte, sprach eine deutliche Sprache. Die Mehrheit aller Abgeordneten hat der Kommission in einem offiziellen Beschluss klar zu verstehen gegeben, dass die deutsche Pkw-Maut grundlegende Prinzipien der europäischen Verträge verletzt. Als Hüterin der Verträge muss die Kommission genau diese Prinzipien schützen“, so Pascal Arimont abschließend.

Auch DG-Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) zeigte sich auf GE-Anfrage verärgert: „Diese Entscheidung ist nicht nachvollziehbar und im höchsten Maße bedauerlich, weil es zahlreiche Gutachten gibt, die die Position der EU-Kommission widerlegen.“ Paasch sprach sich dafür aus, dass die EU-Mitgliedsstaaten ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anstrengen sollten. „Über die Hintergründe der Entscheidung der Europäischen Kommission kann man nur spekulieren, sachlich begründet ist sie aber nicht“, so Paasch.

Charles Servaty, Fraktionsvorsitzender der SP im Parlament der DG (PDG), kann die Entscheidung der Kommission ebenfalls nicht nachvollziehen: „Bereits im Dezember hatte die Kommission angesichts kleinerer Zugeständnisse Deutschlands grünes Licht für die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschem Gebiet gegeben. Nunmehr hat die Kommission gar festgestellt, dass sie im jüngst durch den Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gesetz keine Diskriminierung ausländischer Pkw-Nutzer sehe. Die Ankündigung, die korrekte Anwendung des Gesetzes künftig überwachen zu wollen, ist dabei nicht mehr als eine zynische Alibi-Ausrede“, denkt Servaty. „Vielmehr kommt die jüngste Entwicklung einer regelrechten Maut-Mauschelei gleich. Als Führungspersonen in dieser Mauschelei treten dabei zwei Konservative auf, als da wären EU-Kommissionspräsident Juncker und der bayerische CSU-Verkehrsminister Dobrindt. Diesen beiden Herren scheint offensichtlich der Zusammenhalt der Europäischen Union egal bzw. weniger wert zu sein als bayerische Wahlversprechen, die die CDU-Kanzlerin Merkel in grauer Vorzeit übrigens noch verleugnet hatte.“ Zudem sei dies für die SP-Fraktion – nicht zuletzt im Falle Junckers – eine ganz und gar unwürdige Haltung. „Wir haben uns stets gegen die Einführung einer Maut ausgesprochen und bleiben auch heute dabei: diese Maut ist antieuropäisch, diskriminierend und schadet in erster Linie der gering- und normalverdienenden Bevölkerung – vor allem in einer Grenzregion wie der DG. Wir hoffen weiterhin, dass möglichst viele EU-Mitgliedsstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof gegen diese Maut klagen werden, und dass diese Klage erfolgreich sein wird“, stellt Servaty klar. (red/sc)