Glimpfliches Ende eines Kreuzfahrtdramas - "Dachte an die Titanic"

<p>Das in Seenot geratene Kreuzfahrtschiff „Viking Sky“ driftet in Richtung Land.</p>
Das in Seenot geratene Kreuzfahrtschiff „Viking Sky“ driftet in Richtung Land. | Frank Einar Vatne/NTB scanpix


Ein Kreuzfahrtschiff gerät in Seenot, nahe einem für Schiffsunfälle berüchtigten Küstengebiet. 1373 Menschen sind an Bord, die meisten von ihnen müssen über Nacht auf dem Havaristen ausharren. Draußen tobt ein Sturm. Das riesige Schiff, 227 Meter lang, wird vor der Westküste Norwegens von bis zu 15 Meter hohen Wellen so kräftig durchgeschüttelt, dass Möbel und andere Gegenstände an Deck zu Bruch gehen. Es droht vorübergehend sogar, auf Grund zu laufen. Mehrere Menschen werden in dem Chaos verletzt, drei von ihnen schwer. Erst mehr als 24 Stunden nach dem Notruf findet die dramatische Reise am Sonntag ein glimpfliches Ende.
Vor der Kulisse schneebedeckter Berge legte die „Viking Sky“ am Nachmittag an einem Pier in der Kleinstadt Molde an, wie im norwegischen Fernsehen zu sehen war. Viele der verbliebenen Menschen an Bord winken von Deck oder dem Balkon ihrer Kabinen. „We made it“, ruft ein Passagier – wir haben es geschafft.
Was eine entspannte Kreuzfahrt entlang der norwegischen Küste werden sollte, ist für Hunderte Passagiere der „Viking Sky“ am Wochenende zu einem Alptraum auf See geworden. Wegen Problemen des Antriebs bleibt das unter norwegischer Flagge fahrende Kreuzfahrtschiff am Samstag während eines Sturms in dem gefährlichen westnorwegischen Küstenabschnitt Hustadvika liegen – mit 915 Passagieren und 458 Besatzungsmitgliedern an Bord. Hubschrauber fliegen fast 500 Urlauber an Land, auch in der Nacht. Die meisten von ihnen sind Briten und Amerikaner.
Aufnahmen von Bord zeigten dramatische Szenen: Die „Viking Sky“ schwankte heftig, durch die Fenster sahen die Passagiere riesige Wellen. Sessel, Tische und Pflanzen rutschten im Schiff hin und her, einer Frau fiel ein Teil der Decke auf den Kopf. Viele trugen Rettungswesten. Ein Passagier schrieb, die Besatzung mache einen fantastischen Job und sorge dafür, dass alle ruhig und versorgt seien.
„Ich hatte Angst. Ich habe noch nie so etwas Beängstigendes erlebt“, sagte eine der ersten Evakuierten, Janet Jacob, dem norwegischen Rundfunksender NRK. „Ich habe zu beten begonnen, ich habe für die Sicherheit von allen an Bord gebetet.“ Der Amerikaner Rodney Horgen berichtete, er habe gerade im Restaurant gesessen, als das Schiff heftig zu schwanken begonnen habe. Teller seien von Tischen geflogen, Menschen zu Boden gegangen. Ein Fenster oder eine Tür sei zu Bruch gegangen und eine Welle ins Schiffsinnere geschwappt. „Ich musste an die Titanic denken. Ich dachte, das wäre das Ende.“
Am Sonntag wurde das Schiff mit Hilfe von Schleppern langsam in Richtung Molde gebracht, später kam es aus eigener Kraft vorwärts. Zu dem Zeitpunkt waren noch fast 900 Menschen an Bord. „Sie hatten keine gute Nacht“, sagte ein Sprecher der Kommune Fræna.
Die „Viking Sky“ war seit dem 14. März auf einer Zwölftagesreise entlang der norwegischen Westküste. Sie sollte laut der Webseite Cruisemapper.com am Sonntag eigentlich den Hafen von Stavanger anlaufen und ihre Reise am Dienstag schließlich in London beenden. Eine nächste Reise des Schiffe entlang Skandinaviens Küste und durch den Nord-Ostsee-Kanal wurde abgesagt, wie die Reederei mitteilte.
Im Küstengewässer Hustadvika, das unter anderem wegen zahlreicher kleiner Inseln und Riffe als gefährlich gilt, ist es schon häufiger zu Schiffsunfällen gekommen. Nach Angaben des NRK war das Schiff zeitweise nur noch 100 Meter davon entfernt, auf Grund zu laufen. Die Lage sei am Samstagabend kritisch gewesen, erklärte der südnorwegische Rettungsdienst am Sonntagnachmittag. Zu dem Zeitpunkt hatte sich die Lage wieder beruhigt.
Die Reederei Viking Ocean Cruises teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, die zwei deutschen Frauen unter den Passagieren seien 74 und 66 Jahre alt. Ob sie bereits in der Nacht von Bord geholt wurden, war laut einem Sprecher nicht bekannt. Das Rote Kreuz teilte mit, viele der Passagiere seien traumatisiert. Sie würden an Land psychologisch betreut.
Die Einsatzkräfte in dem Gebiet hatten am Samstag auch die neunköpfige Besatzung eines ebenfalls in Seenot geratenen Frachters retten müssen. Die „Hagland Captain“ hatte laut dem Rettungsdienst ebenfalls einen Maschinenschaden und bekam Schlagseite – als sie auf dem Weg zur „Viking Sky“ war, um zu helfen.  (dpa)

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