EU probt trotz Brexit den Schulterschluss mit Großbritannien

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (links) im Gespräch mit dem griechischen Premierminister Alexis Tsipras beim EU-Gipfel in Brüssel. | afp

Einig forderten sie am Freitag beim EU-Gipfel von Präsident Donald Trump dauerhafte Ausnahmen von den US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Zudem stellten sich die EU-Partner nach dem Giftanschlag in Salisbury gemeinsam mit Großbritannien gegen Russland. Der nächste Zwist zwischen Brüssel und London ist allerdings absehbar, denn die Gespräche über den britischen EU-Austritt gehen nun in die schwierigste Phase. Dabei wollen die 27 bleibenden Länder ihrerseits eng beieinander bleiben, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Abschluss des EU-Gipfels sagte. „Wir werden uns hier nicht auseinanderdividieren lassen“, betonte sie.

Die 27 einigten sich dann auch ohne Großbritannien darauf, dem 2019 scheidenden Mitglied für die Zeit nach dem Brexit nur ein herkömmliches Freihandelsabkommen anzubieten – weit weniger als von Premierministerin Theresa May gewünscht. Mehr sei nicht möglich, weil Großbritannien aus dem gemeinsamen Binnenmarkt und der Zollunion austreten wolle, heißt es in den Leitlinien für die nächste Brexit-Verhandlungsetappe. May hofft dagegen auf eine beispiellos enge und umfassende Partnerschaft mit der EU – „die mehr Sektoren abdeckt und eine weitergehende Kooperation bedeutet als jedes Freihandelsabkommen heute weltweit“, wie sie zuletzt sagte. Sie schlägt vor, dass zumindest einzelne Branchen die EU-Regeln weiter einhalten und damit faktisch eine Brücke zum Binnenmarkt erhalten. Für die EU ist das nicht akzeptabel.

Ob und wie der Widerspruch aufgelöst werden kann, wird der heikelste Punkt bei den Brexit-Verhandlungen, die schon im Oktober in ein Austrittsabkommen münden sollen. Die Stimmung ist aber etwas besser, seit vor einigen Tagen die Einigung auf eine Übergangsphase bis Ende 2020 gelang. May sprach von erheblichen Fortschritten und sagte, sie hoffe auf eine neue Dynamik. Tatsächlich zogen die derzeit noch 28 EU-Partner bei mehreren Themen geschlossen an einem Strang. Im Fall des Giftanschlags auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal in Salisbury überzeugte May die übrigen EU-Länder von der britischen Auffassung, dass sehr wahrscheinlich Russland dahinter stecke. Es gebe keine andere plausible Erklärung, heißt es im Abschlusspapier des Gipfels. Die EU rief ihren Botschafter aus Moskau zu Konsultationen zurück nach Brüssel, und mehrere Staaten planen weitere Konsequenzen. Der tschechische Premierminister Andrej Babis erwog am Rande des Gipfels bereits die Ausweisung russischer Diplomaten. Russland warf Großbritannien vor, die anderen EU-Staaten unter Druck zu setzen. „Die Ermittlungen sind noch nicht beendet, aber Großbritannien versucht schon, seine Partner zu konfrontativen Schritten zu zwingen“, sagte Außenminister Sergej Lawrow.

Auf Konfrontationskurs gingen die EU-Länder gemeinsam auch zur Türkei – und das kurz vor einem EU-Türkei-Treffen im bulgarischen Warna. Sie machten der Türkei unter anderem Vorwürfe im Zusammenhang mit der Erdgassuche im Mittelmeer vor Zypern und der Inhaftierung von EU-Bürgern. Das Außenministerium in Ankara reagierte am Freitag empört und sprach von „inakzeptablen Äußerungen“. EU-Ratspräsident Donald Tusk äußerte sich mit Blick auf Warna deshalb skeptisch: „Ich bin mir bewusst, dass das kein einfaches Treffen wird.“ (dpa)