Die gute alte Armbanduhr in Zeiten des Smartphones

Ein Uhrmacher von MB&Fbei der Arbeit in der Werkstatt in Genf. Wenn sich die Uhrmachermeister in der MB&F-Werkstatt über ihre neueste Kreation beugen, spielt Zeit keine Rolle. | MB&F


Wenn sich die Uhrmachermeister in der MB&F-Werkstatt in Genf über ihre neueste Kreation beugen, spielt Zeit keine Rolle.

Die Manufaktur hat im vergangenen Jahr ganze 245 Zeitmesser hergestellt. „Hinter jedem Stück stehen drei Jahre Design, und jedes Teil besteht aus 300 bis 600 Komponenten“, sagt Firmengründer Maximilian Büsser. MB&F stellt exklusive mechanische Armbanduhren und Zeitmesser her.

Büsser präsentiert die Stücke auf der Luxusuhrenmesse SIHH in Genf. Hier stellen 35 der Exklusivsten der Branche aus, die Messe (bis zum 19. Januar) steht für Uhrentradition vom Feinsten. Aber sind traditionelle Armbanduhren in Zeiten von Smartwatches nicht Auslaufmodelle? „Wenn ich im Preissegment von 300 bis 500 Euro unterwegs wäre, wäre ich in Panik, da sehe ich praktisch keine Zukunft“, sagt Büsser.

Ein Blick an die Handgelenke junger Leute zeigt: Armbanduhr war offenbar gestern. Viele zücken das Handy zum schnellen Uhrzeitcheck, andere haben smarte Minicomputer umgeschnallt, die GPS-Koordinaten zeigen, Fitnessdaten sammeln und Passwörter verwalten. Die „Freunde mechanischer Uhren“ lamentieren in ihrem Online-Forum: „Ich sehe doch die jüngere Generation viel eher mit Smartphones in der Hand, als mit Uhren am Arm.“

Darauf ein anderer: „Es muss nicht immer jeder mit dem Strom schwimmen, nur weil alle anderen ihre Handys oder sonstigen Schnickschnack zum Zeitablesen benutzen.“ Ein werbefinanziertes Nachrichten-Online-Portal beschwört junge Leser, dass herkömmliche Uhren auch etwas für sich haben: „Nicht zu jedem Anlass empfiehlt es sich, das Handy aus der Tasche zu holen.

Am Strand, bei einer Beerdigung oder einer Hochzeit ist eine Armbanduhr praktischer, um nach der Uhrzeit zu schauen“, heißt es da.

Oder: „Armbanduhren helfen Männern nicht nur dabei, ihren Terminplan einzuhalten, sondern auch, ihren Style darzustellen. Ein schneller Blick zu eurem Handgelenk ist eine weitaus stilvollere Möglichkeit, während eines Dates oder Meetings die Zeit im Auge zu behalten.“

Beim Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie schrillen keine Alarmglocken. „Bis jetzt kann man nicht sagen, dass Smartwatches das Geschäft mit anderen Uhren beeinträchtigen“, sagt Verbandspräsident Jean-Daniel Pasche. „Aber man kann auch das Gegenteil nicht beweisen.“ In der Schweiz gehe der Trend seit Jahren sogar eher Richtung mechanische Uhren, wert- und stückmäßig, sagt Pasche.

Allerdings ist der Schweizer Markt mit Marken wie Rolex, Omega, Baume & Mercier oder Piaget wegen seiner traditionellen Uhrmacherexpertise auch speziell: Während weltweit mehr als 90 Prozent der hergestellten Uhren elektronisch sind, also Strom etwa über eine Batterie brauchen, liegt der Anteil in der Schweiz nur bei 70 Prozent. 30 Prozent der Schweizer Uhren sind mechanisch, das heißt, sie haben Federn und Zahnrädchen und werden von Hand oder durch Bewegung aufgezogen.

Solche Uhren sind deutlich teurer. Deshalb machen mechanische Uhren 80 Prozent des Schweizer Exporterlöses aus, so Pasche. Einige Edelhersteller versuchen den Spagat mit Armbanduhren, die wie traditionelle Uhren aussehen, aber Smartfunktionen bieten.

Die Kunst hat ihren Preis: Die MB&F-Zeitmesserin limitierter Auflage kosten zwischen 50.000 und 250.000 Euro.

Zum Beispiel Tag Heuer mit seiner Connected für mehrere tausend Euro. Aber Büsser bleibt entspannt der Tradition verpflichtet. „Zwei Dinge können Smartwatches uns nie geben: Ein Kunstwerk am Arm, das eine Seele hat, und Status“, sagt er. „Das wird unsere Industrie retten.“

Seine Manufaktur mit etwa zwei Dutzend Mitarbeitern und der bewussten Entscheidung, nicht weiter zu wachsen, schaffe Präzisionsmaschinen, die an Jahrhunderte alte Tradition anknüpfen. „Diese Kunst, Stahl und Messing in Zeit zu verwandeln – genial“, schwärmt er. Die Kunst hat ihren Preis: Die MB&F-Zeitmesser in limitierter Auflage kosten zwischen 50.000 und 250.000 Euro. (dpa)