„Big Oil“ reibt sich wieder die Hände

Eine Fördersonde vom Mineralölkonzern Exxon Mobil zur Förderung von Erdöl | Julian Stratenschulte/dpa

Der Absturz der Ölpreise hat Ölmultis wie ExxonMobil oder Chevron in den vergangenen Jahren stark zugesetzt. Die texanischen Branchenriesen legten zwischenzeitlich die schwächsten Bilanzen seit der Jahrtausendwende vor und strichen ihre Ausgaben massiv zusammen, um dem Abschwung etwas entgegenzusetzen. Inzwischen haben sich die Ölpreise aber ganz gut erholt. 2018 dürfen sich die Konzerne Hoffnung auf ein fulminantes Comeback machen.

„Der WTI-Preis wird auf über 80 Dollar steigen“, prognostiziert Byron Wien, Vizechef der Vermögensverwaltung bei der New Yorker Investmentfirma Blackstone. WTI steht für West Texas Intermediate, die Referenzsorte für US-Rohöl, an dem die Geschäfte von Unternehmen wie Exxon und Chevron hängen. Wiens Vorhersage für 2018 ist zwar recht optimistisch, aber auch nicht so weit hergeholt. Am Mittwoch erreichte der WTI-Preis mit 63,57 Dollar pro Barrel (159 Liter) zeitweise den höchsten Stand seit Ende 2014.

„Der Preis wird wegen des anhaltenden Wachstums der Weltwirtschaft und unerwartet hoher Nachfrage aus Entwicklungsländern weiter steigen“, sagt Wien. Als weitere Gründe für einen stabilen Aufwärtstrend führt der 84-jährige Finanzmarkt-Veteran sinkende Lagerbestände an. Zudem rechnet er damit, dass die Opec-Länder und Russland sich an die vereinbarten Förderkürzungen halten werden.

Der Experte geht davon aus, dass das Ölpreiskartell mit Saudi-Arabien an der Spitze nach dem für beide Seiten schmerzhaften Wettpumpen mit der US-Fracking-Industrie auf Disziplin setzt. Der Kampf um Marktanteile zwischen den Scheichs und den boomenden US-Schieferölproduzenten gilt als Hauptgrund für das massive Überangebot an Öl und den Preisverfall der vergangenen Jahre.

Investment-Urgestein Wien ist bei Weitem nicht der einzige Finanzprofi, der einen anhaltenden Aufschwung am Ölmarkt erwartet. Obwohl die Ölpreise in den letzten sechs Monaten schon um rund ein Drittel geklettert sind, setzen Hedgefonds und andere Großanleger in großem Stil auf weitere Anstiege. Laut Ole Hansen, dem Rohstoff-Chefstrategen der Saxo Bank, haben entsprechende Finanzwetten in den vergangenen Wochen bereits ein Rekordniveau erreicht.

Zuletzt spielten allerdings auch Sonderfaktoren eine große Rolle. So sorgte etwa die Protestwelle im ölreichen Opec-Staat Iran für Sorgen um Förderausfälle und damit für Preisauftrieb. Laut Saxo-Bank-Experte Hansen dürften geopolitische Risiken auch im Gesamtjahr 2018 ein Schlüsselfaktor für die Ölpreise bleiben. Nachdem sich die Opec und Russland auf geringere Fördermengen geeinigt hätten, sei ansonsten entscheidend, wie die US-Fracking-Branche auf höhere Preise reagiere und wie sich die Weltkonjunktur insgesamt entwickele. Für die großen Ölmultis wie Exxon und Chevron sind diese Fragen ebenfalls extrem wichtig. Ihren aktuellsten Geschäftsberichten zufolge produzierten sie zuletzt 3,9 Millionen beziehungsweise 2,7 Millionen Barrel Rohöl pro Tag, der Ölpreis beeinflusst die Bilanzen also enorm. Nach heftigen Kostensenkungen meldeten sich die Konzerne im dritten Quartal bereits eindrucksvoll zurück und dürften das Jahr 2017 – auch weil die Kosten in der Krise so stark gesenkt wurden – mit den besten Ergebnissen seit Langem abgeschlossen haben.

Für das vierte Quartal sagen die Analysten von Zacks Investment Research im Ölsektor einen Gewinnsprung von 175 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum voraus. Exxon und Chevron wollen ihre Zahlen am 2. Februar vorlegen. An der Börse sind die Ölgiganten schon wieder stark gefragt. Mit Kursgewinnen von vier und sechs Prozent zählten ihre Aktien im Dezember zu den Gewinnern im Dow Jones und schoben den US-Leitindex kräftig an. Anleger rechnen offenbar damit, dass die Gewinnmaschine „Big Oil“ wieder richtig auf Touren kommt. (dpa)