„Aktenzeichen XY... ungelöst“: Grusel, Ermittler und gefasste Mörder

Eduard Zimmermann im September 1986 neben dem Logo der von ihm erfundenen ZDF-Fahndungssendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“. „Zugegebenermaßen haben wir als erste über die Verbrechens-Realität berichtet. Somit haben wir unbewusst und ungewollt zur Entwicklung beigetragen“, sagte er bei seinem Abschied 1997. | Istvan Bajzat/dpa

Mit Erfolg, wie ein Blick in die Statistik zeigt. Rund 40 Prozent der Fälle wurden mithilfe aufmerksamer Zuschauer gelöst, meldet das ZDF.

Ganz im Sinne des Erfinders Eduard Zimmermann: „Den Bildschirm zur Verbrechensbekämpfung einzusetzen, das, meine Damen und Herren, ist der Sinn unserer neuen Sendereihe“, erklärte er dem Publikum am 20. Oktober 1967.

1968 später stieg der österreichische ORF in die Sendung mit ein, 1969 dann auch das Fernsehen der Schweiz. Eine Weltneuheit sei das damals gewesen, erinnert der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

Er habe auch an vielen Abenden die Aufrufe verfolgt und sich über jeden gelösten Fall gefreut. Besonders wichtig bis heute: Die Damen und Herren am Telefon, die während der Sendung die ersten Hinweise entgegennehmen. Dazu Kriminalbeamte auch aus Österreich und der Schweiz, die über ihre Fälle berichten.

Eduard Zimmermann moderierte seine Sendung 30 Jahre lang – und bekam dafür auch Kritik. Zuschauer würden aufgefordert, andere Menschen zu denunzieren, hieß es. Auch die Einspielfilme, in denen bis heute Verbrechen nachgestellt werden, lehnten manche ab.

Zu realistisch, zu voyeuristisch, fanden sie, ein Wegbereiter des Reality TV. „Zugegebenermaßen haben wir als erste über die Verbrechens-Realität berichtet. Somit haben wir unbewusst und ungewollt zur Entwicklung beigetragen“, sagt Zimmermann bei seinem Abschied 1997. „Aber mit anderen TV-Sendungen, die später folgten, sind wir nicht zu vergleichen.“ In der Tat rufen die Filme oft leichten Grusel hervor, allerdings, nicht, weil sie ungefilterte Gewalt zeigen würden. Unheimlich sind sie, weil die Straftaten real sind, vorgetragen von Ermittlern, für die die Tätersuche via Fernsehen mitunter die letzte Hoffnung auf eine Klärung des Falles ist.

„Du kannst nicht sagen, das hat sich ein kreativer Drehbuchautor ausgedacht. Nein, es ist wirklich passiert“, erklärt Rudi Cerne, der den TV-Klassiker seit 2002 moderiert. Schon als Kind habe ihn das beschäftigt. „Ich dachte immer, der Täter wird schon irgendwann zu kriegen sein“, erinnert er sich. „Dann war es schon ein Stück weit unheimlich: Wieso bringen die das nicht zu Ende, wieso wird er nicht gefasst?“

Heute sind es vor allem die emotionalen Momente, die dem früheren Eiskunstläufer nahegehen, etwa als die achtjährige Levke aus Cuxhaven 2004 entführt und ermordet wurde. „Immer, wenn Kinder Opfer von Verbrechen werden – das fällt mir schwer“, gibt Cerne, der selbst Vater ist, zu. „Sie haben nie eine Chance gegen große, starke Erwachsene anzukommen, von denen sie perfide hinters Licht geführt und getötet oder missbraucht werden.“ Ängstlicher sei er durch diese Erfahrungen nicht geworden. „Ich bin nicht ängstlich, ich bin auch nicht misstrauisch, ich bin einfach vorsichtig. Misstrauen an der richtigen Stelle, darauf kommt es an.“ Zum Jubiläum geht es bei „Aktenzeichen XY… ungelöst“ wie gewohnt weiter. Am 25.Oktober um 20.15 Uhr läuft die nächste Folge im ZDF, wie stets gesendet vom Gelände der Bavaria Film im Münchner Vorort Grünwald. Es soll um Blitzeinbrecher und einen Bankraub gehen, außerdem um einen Elektriker, der in Österreich erschossen wurde.

„Aktenzeichen XY…gelöst“: Spezialausgabe läuftam 15. November.

Um 21.45 Uhr folgt eine Dokumentation, auch mit alten Aufnahmen des 2009 verstorbenen Zimmermann alias „Ganoven-Ede“. Drei Wochen später am 15. November um 20.15 Uhr dann eine Spezialausgabe: „Aktenzeichen XY… gelöst“.

1.853 Fälle wurden von 1967 bis Ende Juli 2017 geklärt und 2.319 Täter festgenommen. Eine gute Bilanz und vielleicht mit ein Grund, warum Cerne noch Optimist ist. Er habe den Glauben an das Gute im Menschen nicht verloren, gestand er. „Ich sage nicht, an jeder Ecke lauern das Verbrechen und der Horror“. (dpa)