Für und gegen Ceta: So argumentieren die beiden Lager

Das Handelsabkommen Ceta droht auf der Zielgeraden zu scheitern. | dpa

Ceta, das umstrittene Handelsabkommen der EU mit Kanada droht zu scheitern, nachdem die wallonische Regierung klargemacht hat, sie werde keine Vollmacht zur Unterzeichnung von Ceta erteilen.

Auf der Zielgeraden prallen die Argumente von Befürwortern und Gegnern noch einmal aufeinander, verquickt immer mit der Debatte über das noch nicht fertige, aber vergleichbare Abkommen TTIP mit den USA. Hier einige Streitpunkte:

WIRTSCHAFTLICHER NUTZEN

Die EU-Kommission verspricht sich von Ceta mehr Wirtschaftswachstum und Exporte. Fast alle Zölle sollen wegfallen, ebenso bürokratische Hürden. Europäische Exporteure sollen so nahezu eine halbe Milliarde Euro sparen. Die Kommission erwartet, dass die Ausfuhren um etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr steigen, und rechnet vor, dass mit jeder zusätzlichen Milliarde 14.000 Jobs entstehen könnten.

Ceta-Gegner befürchten dagegen wegen der wachsenden Konkurrenz massive Jobverluste und verweisen auf Folgen früherer Abkommen.

AUSHÖHLUNG VON SOZIAL- UND UMWELTSTANDARDS

Die Organisation Attac nennt Ceta und das Pendant TTIP (zwischen der EU und den USA) eine Gefahr für europäische Sozial- und Umweltstandards, etwa beim Umgang mit genmanipulierten Lebensmitteln, die in EU-Staaten ausgewiesen werden müssen und mehr Kontrolle unterliegen.

Die EU-Kommission weist dies zurück. US-Firmen und kanadische Unternehmen blieben an EU-Standards gebunden, sollten sie auf hiesigen Märkten aktiv werden. Auch an den EU-Regelungen für genmanipulierte Lebensmittel ändere sich nichts.

VORSORGEPRINZIP

Kritiker sehen das in der EU geltende Vorsorgeprinzip bedroht. Es erlaubt Produkte nur, wenn sie für Mensch und Umwelt nachweislich unschädlich sind. Güter können auch vorsorglich vom Markt genommen werden, wenn verfügbare Daten noch keine umfassende Risikobewertung zulassen. In den USA gilt dagegen das Risikoprinzip und damit eine Umkehr der Beweislast: Aufsichtsbehörden müssen nachweisen, dass von einem Stoff eine Gefahr ausgeht.

Kanada nutzt das Vorsorgeprinzip laut Bundeswirtschaftsministerium «in vielen Fällen». Kritikern sind die Formulierungen in Ceta zum Vorsorgeprinzip dagegen zu weich, sie verlangen Klarstellungen.

INVESTITIONSSCHUTZ

Ceta enthält Regelungen zum Schutz von Investitionen. Zunächst war ein Festhalten am alten System privater Schiedsgerichte vorgesehen. Nun ist beabsichtigt, dass ein öffentlicher Investitionsgerichtshof Streitfälle mit Konzernen löst. Kritiker monieren, auch das sei eine «Paralleljustiz» wie in früheren Abkommen.

VORLÄUFIGE ANWENDUNG

Ceta muss nach der Unterzeichnung sowohl vom EU-Parlament als auch von den Parlamenten der Mitgliedsstaaten beraten werden. Doch schon nach Zustimmung im Europaparlament sollen vorläufig die Teile in Kraft treten, die in EU-Zuständigkeit fallen.

Ceta-Kritiker sind gegen die vorläufige Anwendung, weil damit die Rechte der Parlamente beschnitten würden.

CHANCEN AUF ÄNDERUNGEN

Kanada ist zu Nachbesserungen bereit, auch die EU-Kommission, sie schließt Nachverhandlungen am eigentlichen Vertragstext aber aus.

Die Organisation Foodwatch warnt, rechtsverbindlich seien Korrekturen nur bei Zustimmung aller Beteiligten: Kanada, EU-Mitgliedstaaten und EU-Parlament. Die Organisation dringt daher auf Änderungen am Abkommen vor der Unterzeichnung und vorläufigen Anwendung. Denn Änderungen im Ratifizierungsprozess würden Jahre dauern. (dpa)