Rock und Rap gegen Rechts in Chemnitz

Mit einem Konzert gegen Rechts machten Musiker der deutschen Rock- und Rap-Szene mobil. Zehntausende kamen nach Chemnitz, um die Toten Hosen, Kraftklub und Feine Sahne Fischfilet zu hören. | dpa

Er freue sich, „dass die Gruppe Kraftklub die Initiative übernommen hat, am Montag mit einem großen Konzert auch jungen Menschen die Möglichkeit gibt, sich da zu zeigen“, sagte der CDU-Politiker jüngst beim Bürgerdialog „Sachsengespräch“.

Dass prominente Künstler als politisches Statement auf die Bühne steigen, gibt es in Deutschland immer mal wieder.

Unter der Schirmherrschaft von Kraftklub und unter dem Motto „#wirsindmehr“ wurde in Chemnitz dann am Montagabend tatsächlich gerockt und gerappt gegen Rechts. Mehr als 30.000 Zuschauer wurden erwartet, schon am Vormittag waren Konzertbesucher aus ganz Deutschland angereist. Zum Abschluss des mehr als vierstündigen kostenlosen Open-Air-Konzerts sollten als Highlight die Toten Hosen aus der Chemnitzer Partnerstadt Düsseldorf auftreten.

Vor dem ersten Ton herrschte zunächst einmal andächtige Ruhe. Mit einer Schweigeminute zu Beginn der Veranstaltung wurde an den 35-jährigen Deutschen erinnert, dessen gewaltsamer Tod gut eine Woche zuvor Auslöser der Vorfälle in Chemnitz wurde. Tatverdächtig sind ein Syrer und ein Iraker, die in Untersuchungshaft sitzen. Ziel der Veranstalter und Künstler des Konzerts ist es nach eigenem Bekunden keineswegs, eine Party zu feiern. Kraftklub, die befreundete Musiker zusammengetrommelt haben, nennen vor allem die Unterstützung für engagierte Menschen als Intention für ihre Aktion. „Wir sind nicht naiv. Wir geben uns nicht der Illusion hin, dass man ein Konzert macht und dann ist die Welt gerettet“, sagt Sänger Felix Brummer vor Beginn. „Aber manchmal ist es wichtig, zu zeigen, dass man nicht allein ist.“

Campino, Frontmann der Toten Hosen, sieht das Mini-Festival als Mutmacher gegen Rechts. Er sei sich sicher, dass die Menschen durch ihren Konzertbesuch auch ein Zeichen setzten und sich solidarisch zeigten mit denen, „die hier bleiben, die diesen täglichen Kampf für uns alle durchziehen, die gegenhalten. So sehe ich das mit unserem Konzert auch, dass wir denen Mut machen“, sagt der Altrocker.

Es gehe nicht um Links gegen Rechts, sondern darum, „dass alles, was normalen Anstand hat, egal welcher politischer Couleur, sich gegen einen Rechtsaußen-Mob, der übergriffig wird“, stelle. Und weiter: „Es ist ganz wichtig, dass wir dieses Betragen stoppen, so lange es noch ein Schneeball ist, und zerstören, bevor es zu einer Lawine wird.“ Der Rapper Marteria sagte, er fühle sich durch die Vorkommnisse in Chemnitz an die fremdenfeindlichen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen erinnert. Er habe damals 1992 in Rostock gewohnt und es sei ein unfassbar schlimmer Moment für ihn gewesen. Genau wie damals in Rostock habe sich jetzt in Chemnitz etwas aufgebauscht. Es sei wichtig, dass sich Chemnitz nun in einem positiven Licht zeige. Das Konzert sei „ein Teil Musikgeschichte und das bleibt auch immer in Verbindung mit Chemnitz“.

Dass prominente Künstler als politisches Statement auf die Bühne steigen, gibt es in Deutschland immer mal wieder. So etwa 1979 in Frankfurt am Main, als Rechte aufmarschieren wollen. Linke Organisatoren setzen damals auf Musik als Mobilisierungsfaktor. Zehntausende versammelten sich zum „Rock gegen Rechts“ in der Innenstadt. Bis heute finden Konzerte unter dem Motto in Frankfurt statt. Erst am vergangenen Wochenende – der Termin war lang im Voraus geplant – feierten laut Veranstaltern rund 10.000 Menschen unter dem Motto „Frieden und Solidarität“.

Auch das kleine Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern wird jährlich zur Anlaufstelle für Musik gegen Neonazis, seit sich ein zugezogenes Ehepaar damit gegen Rechtsextremisten im Ort zur Wehr zu setzen beginnt. Was als Mini-Event startet, zieht später prominente Unterstützer wie Die Ärzte oder Fettes Brot und zuletzt auch Herbert Grönemeyer als Überraschungsgast an. (dpa)