Hoffnungsschimmer für das geteilte Zypern

Stacheldraht in Nicosia vor einem verlassenem Gebäude innerhalb der von der UN kontrollierten Pufferszone zu sehen. Das als „grüne Linie“ bezeichnete Gebiet trennt die im Süden leben griechischen von den im Norden türkischen Zyprer. Seit fast 43 Jahren wird über eine Lösung der Zypern-Frage verhandelt. | AP/dpa

Zypern ist seit mehr als vier Jahrzehnten geteilt. Nun gibt es einen Silberstreif am Horizont, dass dieser Konflikt mit der Wiedervereinigung der drittgrößten Mittelmeerinsel endlich beigelegt werden kann. Die Konfliktparteien kommen an diesem Montag zu neuen Gesprächen in der Schweiz zusammen. Die Vereinten Nationen (UN) und ihr neuer Generalsekretär António Guterres sind vor dem Genfer Treffen optimistisch. Die Gespräche böten eine „historische Gelegenheit für einen Durchbruch“, meint Guterres.

Die diplomatische Erfahrung spricht allerdings dagegen: Unzählige Verhandlungen sind in den vergangenen 43 Jahren ohne Ergebnis geblieben – zuletzt ein mehrtägiger Verhandlungsmarathon in der Schweiz im November. „Es liegt noch ein weiter Weg vor uns“, sagen Diplomaten auf Zypern hinter vorgehaltener Hand. Sie würden es schon als Erfolg werten, wenn die Gespräche in Genf „nicht platzen“ und in den nächsten Monaten fortgesetzt werden könnten.

Der Grund für den Optimismus der UN: Die politischen Führer der beiden Volksgruppen, der griechischen und türkischen Zyprer, Nikos Anastasiades und Mustafa Akinci, haben 20 Monate lang verhandelt und sind sich dabei in zahlreichen Fragen näher gekommen. Die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit von griechischen und türkischen Zyprern im jeweils anderen Bundesstaat scheint weitgehend geregelt zu sein. Angestrebt wird eine Föderation aus zwei Bundesstaaten mit gleicher politischer Macht: Ein griechisch-zyprischer im Süden und ein türkisch-zyprischer im Norden der seit 1974 geteilten Insel.

Der Grund für den Pessimismus der Analysten und vieler Diplomaten: Die Verhandlungen haben jetzt den Punkt erreicht, wo die beiden Konfliktparteien Karten präsentieren sollen. Darauf müssen ihre Vorstellungen für den Grenzverlauf zwischen den beiden Bundesstaaten abgebildet sein, die die Bundesrepublik Zypern bilden sollen.

Und da liegt das erste große Problem: Akinci will, dass möglichst wenige türkische Zyprer nach einer Rückgabe von Territorium an die griechischen Zyprer umgesiedelt werden müssen. Anastasiades jedoch möchte erreichen, dass möglichst viele griechische Zyprer in die Gebiete zurückkehren können, aus denen sie oder ihre Vorfahren 1974 vor den vorrückenden türkischen Truppen fliehen mussten. Darüber und über eine Reihe anderer, eher zweitrangiger Themen wollen die Zyprer unter UN-Schirmherrschaft am Montag, Dienstag und Mittwoch reden.

Am Donnerstag wird es noch schwieriger: Hochrangige Vertreter der Garantiemächte Türkei, Griechenland und Großbritannien sollen mit den griechischen und türkischen Zyprern unter UN-Schirmherrschaft zu einer Fünfer-Konferenz zusammenkommen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will als Beobachter dabei sein.

Dabei muss der Gordische Knoten zerschlagen werden: Die türkischen Zyprer und Ankara bestehen darauf, dass die Türkei weiterhin Garantiemacht bleibt, wie sie es seit der Gründung des Staates im Jahr 1960 war. Türkische Truppen sollen auf der Insel bleiben. Für die griechischen Zyprer und Athen sind dagegen Garantiemächte ein Anachronismus. In der EU brauche man keine Garantiemächte, vor allen Dingen nicht in Form eines Drittstaates wie der Türkei.

Umfragen zeigen, dass auch die zwei Volksgruppen sich in dieser Frage nicht einig sind. Knapp 90 Prozent der türkischen Zyprer möchten, dass die Türkei Garantiemacht bleibt. Fast genauso viele griechische Zyprer wollen nach Umfragen genau das Gegenteil.

Die Anzeichen deuten nicht auf eine finale Lösung in dieser Phase hin. Der griechische und der türkische Außenminister, Nikos Kotzias und Mevlüt Cavusoglu, trafen sich im Vorfeld der Zypern-Konferenz am späten Freitagabend in New York. „Wir sind uns (in Sachen Zypern) nicht näher gekommen“, sagte der griechische Außenminister anschließend.

Doch selbst wenn sich die Politiker einigen sollten, ist die Zypern-Frage damit noch nicht gelöst. Die beiden Volksgruppen müssen über das äußerst komplizierte Lösungspaket und die neue Verfassung informiert werden und dies in getrennten Volksabstimmungen billigen. Ein ähnlicher Plan, den die UN bereits im Jahr 2004 ausgearbeitet hatten, scheiterte schließlich am Nein der griechischen Zyprer. Sie waren damals nicht überzeugt, dass Ankara, das 35 000 Soldaten im Norden Zyperns unterhält, den Plan in die Tat umsetzen würde. (dpa)