Gespräch zu Jerusalem-Streit: Netanjahu trifft EU-Außenminister



Die Außenminister der EU-Staaten treffen an diesem Montagmorgen zu einem eineinhalbstündigen Gespräch mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu in Brüssel zusammen. Die europäische Seite will Netanjahu bei dem Treffen dazu drängen, trotz der jüngsten Entwicklungen wieder Friedensgespräche mit den Palästinensern aufzunehmen. Ziel sollte aus Sicht der Europäischen Union eine Zwei-Staaten-Lösung sein, bei der Jerusalem Hauptstadt beider Seiten sein kann.

Die in der vergangenen Woche von US-Präsident Donald Trump getroffene Entscheidung, Jerusalem einseitig als Hauptstadt Israels anzuerkennen, wird von nahezu allen EU-Staaten als ernsthafte Gefahr für die Friedensbemühungen im Nahen Osten gesehen. Seit der umstrittenen US-Entscheidung kam es im Westjordanland, in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen bereits zu Unruhen.

Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen und bei Protesten im Heiligen Land starben mehrere Palästinenser. Israels Luftwaffe reagierte mit dem Beschuss in Gaza auf Raketenangriffe aus der Küstenenklave.

Nach Angaben aus EU-Kreisen muss sich Netanjahu in Brüssel auf einen kühlen Empfang einstellen. Den Informationen zufolge hat er sich mit Unterstützung des litauischen Außenministers Linas Linkevičius quasi selbst zu dem EU-Außenministertreffen eingeladen. Unter anderem aus Protest gegen die israelische Siedlungspolitik hatte die EU die Zusammenarbeit mit dem Land zuletzt nicht mehr ausgebaut. Das bislang letzte Treffen des sogenannten EU-Israel-Assoziationsrates fand 2012 statt.

Um das Treffen mit Netanjahu an diesem Montag nicht wie eine einseitige Unterstützung für Israel aussehen zu lassen, hat die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bereits angekündigt, dass zum nächsten EU-Außenministertreffen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eingeladen wird.

Ein Sprecher des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat unterdessen Kritik des israelischen Regierungschefs zurückgewiesen. Er verurteile Netanjahus Äußerungen über Erdogan «aufs Schärfste», erklärte Ibrahim Kalin nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntagabend. «Statt unser Land und unseren Anführer anzugreifen, müssen die israelischen Bevollmächtigten die Besetzung des palästinensischen Bodens beenden.»

Wegen der Krise um die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels durch die USA hatte Erdogan Israel am Sonntag als «Terrorstaat» und Land der «Kindermörder» bezeichnet. Netanjahu sagte daraufhin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris: «Ich bin es nicht gewohnt Morallektionen von einem Anführer zu erhalten, der kurdische Dörfer in seinem Land bombardiert, der Journalisten einsperrt, der den Terroristen hilft, vor allem in Gaza.»

Auch der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, kritisierte den türkischen Präsidenten: «Diese beispiellose Entgleisung Erdogans im Stil iranischer Machthaber ist eines türkischen Staatspräsidenten nicht würdig. Sie ist auch ein Schlag ins Gesicht all derjenigen Türken im In- und Ausland, die von der Türkei mäßigenden und versöhnenden Einfluss auf die großen Konflikte der Region erwarten. Hier aber stellt sich Erdogan an die Seite derer, die seit Jahrzehnten die Vernichtung Israels ankündigen.» (dpa)