Donald Trumps größter Fan unter Regierungschefs sitzt in Budapest

Im Juli, als der US-Wahlkampf noch auf Hochtouren lief, hielt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban im rumänischen Kurort Baile Tusnad (ungarisch: Tusnadfürdö) eine Rede. Er macht das jedes Jahr, seit mehr als 20 Jahren, seine Zuhörer sind zumeist Angehörige der ungarischen Volksgruppe. Die Menschen leben im rumänischen Karpaten-Bogen in einem kompakten Siedlungsgebiet. Häufig nutzt Orban seine Tusnadfürdö-Reden, um markante Positionen seiner Politik-Philosophie kundzutun. So etwa 2014, als er sich zum „illiberalen Staat“ à la Putins Russland oder Erdogans Türkei bekannte.

Chemie für eine Männerfreundschaft scheint zu stimmen.

In diesem Sommer war es Donald Trump. Als Orban den Namen zum ersten Mal nannte, kam noch Gelächter aus dem Publikum. Noch überwog die Wahrnehmung Trumps als schrägem Polit-Clown, als politischen Außenseiter. Doch Orban holte weiter aus und rückte das Bild für seine Zuhörerschaft zurecht: „Auch ich hätte mir niemals gedacht, dass mir einmal der Gedanke durch den Kopf gehen würde, dass er unter den angebotenen Möglichkeiten für Europa und für Ungarn der Bessere wäre. Aber seine Außenpolitik ist gut für Europa und bedeutet Leben für Ungarn.“

Schon damals formulierte Orban deutlich, was ihm an Trump gefällt: die ausgesprochene Feindlichkeit gegenüber Migranten und die Aversion des Amerikaners gegenüber dem „Demokratie-Export“. Damit ist das Einmahnen demokratischer Standards in der Welt gemeint, wie es die vorangegangenen US-Administrationen pflegten. Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszustroms im Vorjahr hatte Orban Grenzzäune errichten lassen. In keinem anderen europäischen Land hatte es derartig hetzerische Kampagnen der Regierung gegen Flüchtlinge gegeben wie in Ungarn.

Seit seinem Amtsantritt 2010 hat Orban die demokratischen Institutionen in Ungarn beständig ausgehöhlt, die Medienlandschaft zunehmend in seinem Sinn eingeebnet. Die skandalöse Schließung der letzten großen oppositionellen Tageszeitung „Nepszabadsag“ durch den österreichischen Besitzer, der sich wie ein Strohmann Budapester Regierungsinteressen verhielt, war da nur der vorläufig letzte Stein im Mosaik. Kritisiert haben diese Entwicklungen nicht nur diverse EU-Gremien, sondern auch amerikanische Akteure, vom State Department bis hin zu Zivilorganisationen wie Human Rights Watch und Freedom House.

Dabei brannte Orban stets darauf, im Weißen Haus empfangen zu werden, allein aus Prestigegründen. Doch schon von 1998 bis 2002, als er schon einmal mit autoritären Anwandlungen regierte und der Demokrat Bill Clinton US-Präsident war, blieb ihm das verwehrt. Während seiner neuerlichen Amtszeit residierte Barack Obama, auch er ein Demokrat, im Weißen Haus. Orban wurde geschnitten.

Trump-Sieg als „Rückkehr zur wahren Demokratie“ gewertet.

Doch nun, mit dem Wechsel Anfang nächsten Jahres zu Donald Trump, dürfte der Ungar seinem Ziel näher sein denn je. „Wir haben miteinander telefoniert, und er hat mich nach Washington eingeladen“, sagte Orban der Wirtschaftstageszeitung „Vilaggazdasag“.

Regierungsnahe Analysten weisen gerne darauf hin, dass sowohl Trump als auch Orban das bisherige „System“ transformieren wollen. „Eliten“, dem Volk „entfremdet“ und es wirtschaftlich „ausbeutend“, müssten ausgetauscht werden. Beide politische Führer würden ihr Ohr an den „wahren Anliegen des Volkes“ haben. Die Demokratie würde gewissermaßen eine „neue Qualität“ erreichen, „populistisch“ werden in einem positiven Sinne. Orban selbst bezeichnete den Wahlsieg Trumps in seiner ersten euphorischen Reaktion als „Rückkehr zur wahren Demokratie“, als Befreiung aus der „Gefangenschaft“ der politisch korrekten Redeweise.

Die erste Telefon-Konversation der beiden muss jedenfalls, wenn man Orban Glauben schenkt, in bestem Einverständnis und nicht ohne Freude am Humor verlaufen sein. „Ich sagte zu ihm, dass ich schon lang nicht mehr da war (in Washington), weil man mich dort als schwarzes Schaf behandelt hat. Er antwortete lachend, dass es ihm auch so erging“, so Orbans Schilderung. Die Chemie für eine Männerfreundschaft scheint zu stimmen. (dpa)