TTIP bietet Chancen für Europa und die globale Wirtschaftsordnung

"Durch Zugang zu US-Energie könnte die EU-Energieversorgung diversifiziert werden." Mathias Blum, Verband der Chemischen Industrie e.V. | 4


EU und USA haben sich mit TTIP eine Herkulesaufgabe gestellt: Die beiden größten Wirtschaftsräume wollen ihren Handel liberalisieren und Mechanismen finden, die globale Ordnung des 21. Jahrhunderts zu gestalten. Gewaltige Aufgaben mit großen Chancen, die mit Augenmaß umgesetzt werden müssen.

Die deutsche Chemieindustrie setzt auf TTIP: Die USA sind unser wichtigster außereuropäischer Handelspartner. 2014 haben wir chemische Produkte im Wert von 16,5 Milliarden Euro exportiert, die Importe betrugen 11 Milliarden. Allein auf die deutschen Chemieexporte fallen in den USA Zölle von 140 Millionen Euro im Jahr an. Die Chemie bezieht darüber hinaus Vorleistungen aus den USA (z.B. Anlagen, Vorprodukte), deren Zugang besser werden kann. Daher sollten beide Seiten durch TTIP ihre Zölle abbauen. Aber die Chemie hegt weitere Hoffnungen: Durch Zugang zu US-Energie könnte die EU-Energieversorgung diversifiziert werden, Fachleute könnten leichter auf Zeit in die USA entsendet werden.

In der öffentlichen Debatte wird vor allem über die regulatorische Zusammenarbeit und Investitionsschutz diskutiert. Bei der regulatorischen Zusammenarbeit sind wir realistisch: Die Chemikaliengesetzgebung in den USA und der EU lässt sich nicht angleichen – sie ist zu unterschiedlich. Wir hoffen aber, dass ein enger Austausch der zuständigen Behörden Bürokratiekosten reduzieren kann: Inspektionen von Produktionsanlagen könnten gegenseitig anerkannt, Stoffe, die reguliert werden sollen, könnten gemeinsam ermittelt, neue Technologien könnten gemeinsam gesetzlich geregelt werden. Beim Investitionsschutz könnte der bestehende weltweite Flickenteppich aus über 2.000 Verträgen weiterentwickelt werden. Investitionen im Ausland müssen vor Enteignung geschützt werden – TTIP hat hier globale Signalwirkung. Allein die deutsche Chemie hat über 50 Milliarden Euro im Ausland investiert, davon über 14 Milliarden in den USA. Die Reform bietet auch die Gelegenheit, das Recht der Staaten, Gesetze zum Schutz ihrer Bürger zu erlassen, unmissverständlich festzuschreiben.

Ob Regulierung, Investitionsschutz oder Nachhaltigkeit – TTIP bietet die Chance, die Weltwirtschaftsordnung weiterzuentwickeln. Zusammen können EU und USA Impulse für global einheitlichere Spielregeln mit hohem Schutzniveau setzen. Ergreifen wir diese Chance, diskutieren wir konstruktiv und zukunftsgerichtet.