Kommentare zu den schottischen Plänen für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum

Schottlands Erstministerin Nicola Sturgeon strebt ein zweites Unabhängigkeitsreferendum an. | afp

Referendum in Schottland birgt hohes Risiko

Die liberale slowakische Tageszeitung „Sme“ kommentiert die schottischen Pläne für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum: Wohl noch nie bisher war die Idee einer schottischen Unabhängigkeit so berechtigt wie bisher – angesichts des englischen Chauvinismus, der sich auch darin zeigte, wie sich London ohne Rücksicht auf Schottland für einen harten Brexit entschied. Zugleich aber hatte die Unabhängigkeit angesichts steigender schottischer Finanzprobleme wohl noch nie so wenig wirtschaftliche Logik.

Dieser Widerspruch bildet leider den riskanten Kontext der überraschenden Ankündigung der schottischen Premierministerin Nicola Sturgeon, Schottland werde sich um ein neuerliches Unabhängigkeitsreferendum noch in den kommenden zwei Jahren bemühen.

May sollte in Schottland auf Zeit spielen

Die Londoner „Times“ kommentiert die Ankündigung wie folgt: Einige meinen nun, (Premierministerin Theresa) May müsse jedweden Antrag auf ein solches Referendum rundheraus ablehnen. Aber auch das wäre gefährlich. Sie kann nationalistische Gefühle nicht einfach ignorieren. Eine saloppe Zurückweisung durch Downing Street würde diese nur weiter anfachen.

Der richtige Weg besteht darin, auf Zeit zu spielen. May sollte erklären, dass ein Referendum zu einem geeigneten Zeitpunkt nach dem Brexit angebracht wäre, aber nicht davor. Das könnte das Thema schlafen legen. Mit fallenden Ölpreisen und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit wird die Unterstützung für die Sache der Unabhängigkeit von Tag zu Tag schwächer. Nur 38 Prozent der Schotten sind laut einer Umfrage für die „Times“ dafür. Sogar noch weniger sind der Ansicht, die Schottische Nationalpartei sollte die nächsten zwei Jahre für eine Referendumskampagne verwenden. Der Rest Großbritanniens ist ebenfalls gegen eine Abstimmung. Die öffentliche Meinung bestätigt die Logik: Ein Referendum im kommenden Jahr oder im Jahr danach stünde weder im Interesse Schottlands noch in dem des Vereinigten Königreichs.

Schotten wollen Brexit nicht schlucken

Die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ schreibt dazu: Die Engländer haben den Pudding, die Schotten Haggis: Und das sagt alles. Nur in den Highlands sind sie fähig, ein Gericht aus Schafsmagen zu machen und es mit Innereien zu füllen. Aber jetzt scheint es, als seien nicht mal die Schotten in der Lage, den Brexit zu schlucken. Der Hadrianswall markierte eine tiefe Teilung, die sowohl die Geschichte als auch die Kultur und die Religion betrifft.

Es droht eine chaotische Situation

Die „Neue Zürcher Zeitung„ aus der Schweiz vermutet mit: Die Risiken eines Scheiterns des bevorstehenden Verhandlungsmarathons sind beträchtlich. Das offene Kokettieren auf britischer Seite mit der Möglichkeit, dass bis 2019 kein Deal zustande kommt, weil dies angeblich immer noch besser sei als ein ‚schlechter‘ Deal, könnte sich als ein gefährliches Spiel mit dem Feuer erweisen. Denn dann droht eine vollends chaotische Situation. Die Krux mit dem EU-Austritts-Votum der britischen Stimmbürger war immer schon, dass dieses im Grunde ein Entscheid für einen Aufbruch, nicht aber für ein Ziel war.

Hoher Preis für den Brexit-Unsinn

„El Periodico de Catalunya“ aus Barcelona warnt: Dadurch droht der Zerfall des Vereinigten Königreichs. 2014 haben die Schotten schon einmal über eine Loslösung von Großbritannien abgestimmt, aber durch den Brexit sind die Karten neu gemischt worden: Die Schotten wollten in der EU bleiben. Es mag sein, dass noch irgendein Kompromiss erreicht wird, beispielsweise eine Art Sonderstatus für die Schotten. Aber auf jeden Fall wird May einen sehr hohen Preis für diesen Brexit-Unsinn zahlen müssen“