Werbung und PR in der 1. Bundesliga

Die Zuschauer in Dortmund sahen ein Offensivspektakel und beste Werbung für die Bundesliga. | afp

Dass sogar das Comeback von Jupp Heynckes in den Hintergrund treten könnte, hatte so wohl niemand erwartet. Zwar feierte der 72 Jahre alte Trainer-Grandseigneur nach 1.596 Tagen Pause als Chefcoach von Bayern München mit dem 5:0 gegen den SC Freiburg einen mehr als standesgemäßen Wiedereinstand in der Fußball-Bundesliga. Doch wenige Stunden später war die Rückkehr von Don Jupp auf die Bundesligabühne nicht mehr das Allerwichtigste.

Das leidenschaftlichste und spektakulärste Saisonspiel hatte Heynckes den Rang abgelaufen. Was Borussia Dortmund und RB Leipzig beim 3:2 des Vizemeisters zelebrierten, ließ jedem Fußballfan das Herz aufgehen. Begeisternder Offensivfußball, tolle Ballstafetten, Kabinettstückchen und fünf Treffer begeisterten nicht nur die 80.100 im Stadion.

Nachdem zuletzt viel über die Bundesliga im internationalen Vergleich gemäkelt wurde, war das Spitzenspiel in Dortmund der Beweis, dass sich das Oberhaus bislang in Champions und Europa League unter Wert präsentierte. Es gibt sicherlich deutliches Steigerungspotenzial, aber so schlecht, wie es die augenblickliche Fünfjahreswertung der Europäischen Fußball-Union (UEFA) aussagt, ist die Liga nicht.

Erstaunlich war, dass BVB-Coach Peter Bosz das Spiel überhaupt nicht gefallen hatte, er habe keinen guten Fußball gesehen. Mag sein, dass ihn die erste BVB-Liga-Heimpleite seit dem 4. April 2015 dazu veranlasste, die Leistung seiner Mannschaft sehr kritisch zu sehen. Allerdings war sein Team an dem Spektakel zu mindestens genauso viel Prozent beteiligt wie die Leipziger. Und die Moral, sich von einem 1:3-Rückstand und Unterzahl nicht entmutigen zu lassen, war vorbildlich. Selbst die Borussen-Fans konnten sehr zufrieden mit der Leistung sein.

Heraus kam ein Duell, das diesmal sportlich Schlagzeilen schrieb und nicht durch unschöne Begleiterscheinungen mit marodierenden Dortmunder Hooligans. Echte Werbung für den deutschen Fußball.

Hertha BSC machte am Samstag internationale Werbung, bezog laut eigener Darstellung vor dem Heimspiel gegen Schalke 04 deutlich Position gegen Rassendiskriminierung und Polizeigewalt. Der Hertha-Kniefall – in Anlehnung an den Protest zahlreicher US-Sportgrößen bei der Nationalhymne – erregte über die Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit. Somit ein kluger Schachzug, wenngleich böse Zungen behaupten, dass vor allem die PR im Vordergrund gestanden habe. Mit staatstragenden Worten wurden die Beweggründe der alten Dame medial inszeniert.

Nichts zu deuteln gibt es an der tiefen Krise des Tabellenschlusslichts 1. FC Köln. Die letzten Minuten des Spiels in Stuttgart waren eine komprimierte Zusammenfassung des Saisonverlaufs: Elfmeter für Köln, Videobeweis, Rücknahme der Elfer-Entscheidung, Siegtor für den VfB und Riesenchance des FC in letzter Sekunde – rational zu erklären ist nicht mehr, was Köln widerfährt. Trainer Stöger genießt trotzdem noch das Vertrauen – auch von Manager Schmadtke. Wie lange noch? Das ist die Gretchenfrage… (sid)