Italiens verzweifelter Ruf nach Solidarität

Zur Forderung Italiens nach mehr Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise schreibt die liberale lettische Tageszeitung „Diena“:

„Der deutliche Zustrom von Migranten hat Italien gezwungen, die Stimme zu erheben und ein Ultimatum zu stellen, um Aufmerksamkeit auf das Problem zu lenken und andere europäische Länder anzuspornen, sich an dessen Lösung zu beteiligen. Italien ist zum Hauptziel in Europa für Zehntausende Migranten geworden, die in überfüllten und für Langstrecken ungeeigneten Booten das Mittelmeer überqueren und dabei ihr Leben riskieren. Rom behauptet, dass die Situation außer Kontrolle gerate, weshalb es Hilfe brauche. Es wird daher erwartet, dass über das Thema am Donnerstag beim EU-Innenministertreffen in Tallinn diskutiert wird.“

Erfolglose Flüchtlingspolitik bringt Dämonen hervor

Die belgische Zeitung „De Standaard“ beschäftigt sich am Dienstag mit der Flüchtlingspolitik in der EU:

„Es ist eine Illusion, dass mit Grenzzäunen auf der Balkanroute und dem wackeligen Abkommen der EU mit der Türkei das Problem der Massenmigration gelöst ist. Es ist lediglich aus unserem Blickfeld geraten. Die EU-Kommission und die französisch-deutsche Achse unterstützen Italien, um dort den Druck abzubauen. Auch das ist lediglich Symptombekämpfung. Die Unterstützung für eine großangelegte Verteilung von Flüchtlingen auf das gesamte Gebiet der EU ist geringer als je zuvor. (…) Am Donnerstag kommen die EU-Innenminister in Tallin zusammen. Da dürfte es eher um eine Politik im alten Trott gehen. Die Bekämpfung von Ursachen erfordert ja doch, dass wir mit unzuverlässigen Regierungen zusammenarbeiten, in Konfliktgebieten eingreifen und Geld in instabilen Ländern ausstreuen, ohne dessen Verwenden kontrollieren zu können. Diese Rezepte wurden schon erfolglos ausprobiert. Das ist nicht ermutigend. Aber alles so weiterlaufen zu lassen, macht auch keinen Sinn. Schlimmer noch, es bringt die Europäer gegeneinander auf und ruft alte Dämonen auf den Plan…“

Fehlkonstrukt der EU wird bei Migration deutlich

Zum Streit um die Flüchtlingsverteilung in Europa schreibt die italienische Zeitung „La Repubblica“:

„Der Gordische Knoten der Migration stellt einen beispielhaften Stresstest für den Zustand der EU dar. Vor allem weil die Grenzen sichtbar werden, sowohl aus institutioneller als auch aus politischer Sicht. Zum ersten Punkt fällt die grundlegenden Ohnmacht der Kommission in Brüssel ins Auge, Maßnahmen durchzusetzen, um die Ströme der Verzweifelten wirklich effektiv zu lenken. (…) Was den politischen Aspekt angeht, kommt beim Thema Migration ein tief gründender Fehler zum Vorschein, der weit über die besorgniserregende Rückkehr zu nationalstaatlichen Egoismen hinaus geht.“ (dpa)