Julio Iglesias: ein Comeback und viele Spekulationen


Julio Iglesias hielt seine Millionen Fans auf der ganzen Welt sehr lange in Atem. Der Schmachtbarde aus Spanien, dessen Stimme die Frauenherzen seit 50 Jahren höher schlagen lässt, war nach seinem letzten Konzert im Dezember 2016 untergetaucht.

Es gab große Sorgen und unzählige Gerüchte. Der Gesundheitszustand von Iglesias sei „besorgniserregend“, berichtete der TV-Sender „Telemadrid“ noch Ende August. Eine Zeitungsleserin namens Ana schrieb: „Ich bete jeden Tag für ihn.“

Doch Ana & Co. durften dieser Tage vorerst aufatmen. Kurz vor seinem 75. Geburtstag am vergangenen Sonntag feierte Iglesias ein Comeback im großen Stil. Vor rund 5.000 Menschen in der ausverkauften Istiqlol Palace Concert Hall in Taschkent (Usbekistan) startete der Sänger am 10. September seine Welttournee anlässlich seines 50-jährigen Karrierejubiläums. „Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie es ist, nach zwei Jahren wieder auf der Bühne zu sein“, schrieb der Superstar auf seiner Webpage. Es sei „wundervoll“. „Dank der Stärke meines Herzens und meines Geistes.“

Das Mikrofon will der Inbegriff des Latin Lovers auch im reifen Rentenalter nicht an den Nagel hängen. „Ich habe beschlossen zu singen, bis ich 90 bin“, sagte er mehrfach. Er brauche das Singen, „um weiterleben zu können“. Live-Konzerte bezeichnete er als „eine Sucht, für die es kein Gegenmittel gibt“. Nach dem Konzert in Taschkent, bei dem Hits wie „Hey!“, „Me va, me va“ oder „Careless Whisper“ nicht fehlen durften, wird Iglesias seiner Sucht zunächst im Oktober bei Auftritten in Dubai (1. und 2.), in Tel Aviv (6.) und Moskau (17.) frönen können. Eintrittskarten gibt es trotz deftiger Preise zwischen 100 und 600 Euro kaum noch zu kaufen.

Der erfolgreichste spanischsprachige Sänger aller Zeiten, der aber auch auf Deutsch, Englisch, Portugiesisch und in vielen anderen Sprachen sang, hat weltweit an die 300 Millionen Alben verkauft und ist im Guinness-Buch der Rekorde. Er erhielt laut Sony Music mehr als 2.600 Platin- und Gold-Auszeichnungen und hat einen eigenen Stern auf dem legendären „Walk Of Fame“ in Hollywood. Neben vielen anderen Auszeichnungen wurde er 2007 zum Ritter der französischen Ehrenlegion ernannt. Er sang mit Musiklegenden aller Couleur wie Frank Sinatra, Plácido Domingo, Stevie Wonder, den Beach Boys, Diana Ross und Sting.

Dabei hatte der am 23. September 1943 als Sohn eines berühmten Gynäkologen geborene Madrilene Julio José Iglesias de La Cueva mit der Musik lange Zeit überhaupt nichts am Hut. Er träumte als Teenie von einer großen Karriere als Fußballtorwart. Das Zeug dazu hatte er.

Er glänzte in den Jugendmannschaften von Real Madrid und war kurz vor seinem 20. Geburtstag auf dem Sprung ins Profiteam, als ein schwerer Autounfall seine Fußballkarriere beendete – und sein weiteres Leben entscheidend prägen sollte.

In Spanien verkannt

Iglesias war nach dem Unfall 20 Monate lang halb gelähmt ans Krankenbett gebunden. Er brachte sich in dieser Zeit selbst das Gitarrespielen bei, schrieb erste Lieder. „Die Musik hat mir geholfen, wieder gesund zu werden.“ Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte er die Torwarthandschuhe und das Jurastudium längst vergessen. Er tingelte zunächst lange in Madrid und London von Kneipe zu Kneipe.

Der große Durchbruch gelang ihm aber nach drei Jahren, als er als unbekannter Newcomer 1968 beim Festival von Benidorm im Süden Spaniens gewann. Nach einem vierten Platz beim Eurovision Song Contest 1970 in Amsterdam ging es steil bergauf.

Heute ist Iglesias allerdings in Ländern wie Russland, Mexiko und China viel beliebter als in seiner spanischen Heimat, wo er nur noch sehr selten auftritt und von vielen als Schnulzensänger belächelt wird. Er fühlt sich daheim zu Unrecht verkannt, betont aber: „Die Kritik macht mich stärker, genauso wie (Fußballstar) Ronaldo.“ Aus der Ehe mit der philippinischen Diplomatentochter Isabel Preysler (1971-1979) stammen die Kinder Chabeli, Julio José und Enrique. Letzterer hat als Herzensbrecher und Dance-Pop-Weltstar („Bailando“) wohl die Gene seines Vaters geerbt. Mit dem 22 Jahre jüngeren niederländischen Ex-Model Miranda Rijnsburger, mit dem Iglesias seit 1992 zusammenlebt und seit 2010 verheiratet ist, hat der ständig braun gebrannte Sänger fünf weitere Kinder.

Temperament und Sinnlichkeit sind immer noch die Markenzeichen des Frauenhelden – aber als mehrfacher Großvater lässt es Iglesias inzwischen deutlich ruhiger angehen. „Früher hatte ich auf Flügen mit der Stewardess geflirtet, aber jetzt achte ich eher auf die Wetterlage, denn ich habe große Angst vor Turbulenzen„, sagte er vor einigen Jahren. Er verbringt in seinem Haus in Miami im US-Staat Florida nach eigenen Angaben viel Zeit mit der Familie und schwimmt wegen seiner Rückenprobleme jeden Tag.

Für neue Spekulationen sorgte der Spanier jüngst selbst: Er arbeite an Memoiren, bei denen er „vieles enthüllen“ werde, „was niemand weiß“, sagte er im vergangenen Jahr der Zeitung „El Periódico“. „Das wird ein starkes Buch“, versprach er. (dpa)