„Drei Tage in Quiberon“ gilt dem Leben einer ungewöhnlichen Frau



Um die gebürtige Österreicherin Romy Schneider rankten sich schon zu Lebzeiten Mysterien und Geheimnisse. Mit ihrer Rolle in dem Weihnachtsdauerbrenner „Sissi“ bekannt geworden, wurde sie schon bald zur meistbetrachteten Frau in der deutschen Klatschpresse; und dabei ging es selten um ihr Mitwirken in Filmen, neben der „Sissi“-Trilogie waren das immerhin satte 60 Stück. Nein, Schneider wurde zu einer „Erregung öffentlichen Ärgernisses“, wie es „Stern“-Reporter Michael Jürgs einst sehr drastisch im letzten Interview mit Schneider ausdrückte.

Die Menschen interessierten sich eben lieber dafür, mit welchem Mann die Schauspielerin wann gesehen wurde, oder wie es um ihren Gesundheitszustand bestellt war. Selbst ihr Tod an Herzversagen 1982 wurde von den Medien lange Zeit fälschlicherweise als Suizid interpretiert – wohl nicht zuletzt, weil das die Auflage mächtig in die Höhe trieb. „3 Tage in Quiberon“ erzählt von diesem letzten Interview, das Romy Schneider der deutschen Presse gab und ist als Film über die Schauspielerin sehenswert, als entlarvendes Drama über die Arbeit von Journalisten allerdings noch viel besser.

Im Jahr 1981 gilt Romy Schneider (Marie Bäumer) immer noch als die berühmteste Schauspielerin Europas. Vor allem ihr Mitwirken in den „Sissi“-Filmen hat sie zu einer Ikone ihrer Generation, aber auch einsam gemacht. Ein ungesunder Lebensstil mit viel Alkohol, Tabletten und wenig Schlaf führt sie vor ihrem nächsten Filmprojekt zu einer Fastenkur ins französische Quiberon. Ihre beste Freundin Hilde (Birgit Minichmayr) begleitet sie.

Die beiden Frauen verbringen die freie Zeit zunächst alleine in dem bretonischen Küstenort, eh sich der „Stern“-Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) ankündigt, der eine Reportage über die Schauspielerin schreiben will. Auch der mit ihr privat befreundete Fotograf Robert Lebeck (Charly Hübner) schließt sich ihnen an und wird Zeuge, wie sich Romy auf die unangenehmen Fragen des Journalisten seelisch entblößt und vor der ganzen Welt zugibt: „Ich bin eine unglückliche Frau von 42 Jahren und heiße Romy Schneider!“.

Regisseurin Emily Atef („Töte mich“) konzentriert sich in ihrem in elegantem Schwarz-Weiß eingefangenen Drama ganz auf die Viererkonstellation aus Romy Schneider, Michael Jürgs, Robert Lebeck und Hilde, der einzigen fiktiven Figur in „Drei Tage in Quiberon“. Vor der kammerspielartigen Kulisse des Fünf-Sterne-Hotels an der bretonischen Küste fängt Atef die brodelnde Interaktion innerhalb dieses Quartetts gekonnt ein und schafft eine Atmosphäre der Paranoia. Erscheint die Freundschaft zwischen den beiden Frauen zunächst noch wie das einzig Echte in diesem Szenario, schürt „Stern“-Reporter Jürgs kontinuierlich Zweifel daran, dass es auch nur einen Menschen geben könnte, der in Romy Schneider keinen Filmstar, sondern einfach nur einen Menschen sieht.

Neben den unangenehm-reißerischen Fragen zu Schneiders Leben präsentiert sich der Journalist auch abseits seiner Arbeit als äußerst unangenehmer Zeitgenosse, der immer wieder anklingen lässt, jede Handlung von ihm basiere lediglich auf dem Interesse daran, eine gute Reportage abliefern zu wollen.

Mythos der Schauspielerin wird nicht enthüllt.

Selbst Gespräche mit Romys bester Freundin sind letztlich nur diesem einen Plan geschuldet. Nicht einmal der plötzliche Sinneswandel Jürgs im Epilog wirkt da wie ein Akt menschlicher Einsicht, sondern auch wieder nur wie ein vorab genau durchkalkulierter Schritt in Richtung Erfolg. Mit Jürgs abwertender Meinung gegenüber klassischen Boulevardblättern setzt seine Figur der journalistischen Heuchelei die Krone auf. Doch während die Presse in „Drei Tage in Quiberon“ ordentlich ihr Fett wegbekommt, rückt das Schicksal Romy Schneiders fast schon in den Hintergrund.

Emily Atef hat sich bewusst dazu entschieden, den Mythos der Schauspielerin nicht zu entschlüsseln. Marie Bäumer („Der Geschmack von Apfelkernen“), der seit Anbeginn ihrer Karriere eine Ähnlichkeit mit Schneider nachgesagt wird, schlüpft wie selbstverständlich in die Rolle der unnahbaren Aktrice und erweckt sie zum Leben, ohne sie analysieren zu wollen.

Ihre Performance macht deutlich, wo die Faszination für die „Sissi“-Darstellerin herrührte: Sie macht aus ihr mal das weltoffene, glückliche Mädchen und mal die zerbrechliche, depressive Frau. Daneben zeigt Birgit Minichmayr („Nur Gott kann mich richten“) eine starke Leistung als hilflos um die Gesundheit ihrer Freundin bemühte Hilde, während Charly Hübners Robert nie sicher ist, ob er in den Star oder in den Menschen Romy verliebt ist.

(dpa)