Der „Stern“ zeigte falsche Hitler-Tagebücher

Das Hamburger Magazin „Stern“ lud zu seinem 70. Geburtstag am vergangenen Wochenende zu einem Tag der offenen Tür in die Redaktionsräume am Hafenrand ein. Erstmals zeigte der Verlag dabei aus seinen Beständen öffentlich auch sieben der gefälschten Hitler-Tagebücher, die 1983 einen der großen Medienskandale der Nachkriegszeit auslösten. Die Kladden standen allerdings nicht im Mittelpunkt der Veranstaltung, sondern waren nur einer unter zahlreichen Programmpunkten. „Wir wollen uns öffnen und Transparenz zeigen“, sagte eine Sprecherin vorab. Den gesamten Tag bot der Verlag Gruner + Jahr Führungen an, bei denen die Produktion des Blattes erklärt wurde. Reporter, Fotografen, Grafiker und Karikaturisten des „Stern“ berichten über ihre Arbeit und diskutieren über aktuelle Themen aus Politik und Journalismus.

Hinzu kamen auch Live-Schalten in die Korrespondentenbüros in Athen, London, New York, Rio de Janeiro und Shanghai sowie Lesungen und Filmvorführungen. Erwartet werden Besucher, die eine Eintrittskarte zum Preis von acht Euro erworben hatten.

Fälschungen veranlassten weltweit Spott für den „Stern“

Die gefälschten Hitler-Tagebücher waren einer der größten Skandale der Mediengeschichte der vergangenen Jahrzehnte. „Die Geschichte des Dritten Reiches muss in großen Teilen neu geschrieben werden“, hieß es im April 1985 großspurig im Editorial des Magazins – über die angeblich aus der Feder des Nazi-Diktators stammenden Aufzeichnungen, die ein „Stern“-Redakteur aufgetrieben haben wollte.

Zwei Wochen später war klar, dass das kein Scoop war, im Gegenteil. Hitlers angebliche Tagebücher wurden als Fälschung entlarvt, und der „Stern“ hatte sich weltweit zum Gespött gemacht. Es dauerte Jahre, bis er sich von dem Imageschaden erholte. „Das ist ein Schandfleck unserer Geschichte“, sagte der frühere „Stern“-Chefredakteur Thomas Osterkorn dazu.

Der „Stern“ hatte die Bände von dem Fälscher Konrad Kujau angekauft und dafür Millionen gezahlt. Seitdem lagern die Kladden im Safe des Verlagshauses. Dort sollen sie auch bleiben und nicht– wie früher schon einmal angekündigt– an das Bundesarchiv in Koblenz abgegeben werden. Sie dienen der Redaktion auch zur Mahnung – „schließlich haben wir sie teuer bezahlt“, sagt mit einem Augenzwinkern Chefredakteur Christian Krug. Von den 62 Bänden wurden einzelne abgegeben, zum Beispiel an die Stiftung Haus der Geschichte und das Hamburger Polizeimuseum und waren dort auch schon öffentlich zu sehen. Von einigen wenigen der „Tagebücher“ ist unklar, wo sie geblieben sind. Beim Tag der offenen Türwollte sich der stellvertretende Chefredakteur Thomas Ammann unter anderem mit dem Autor Michael Seufert über das Thema unterhalten, der damals dabei war.

Der Journalist und langjährige Chefredakteur des Magazins, Henri Nannen, hatte seine oft „Wundertüte“ genannte Illustrierte am 1. August 1948 auf den Markt gebracht. Zu Hochzeiten hatte sie eine Millionenauflage.

Aufgrund veränderter Lesegewohnheiten durch die Digitalisierung und mobile Endgeräte verzeichnet das Heft wie viele andere Zeitschriften Auflagenrückgänge. Im zweiten Quartal lag die verkaufte Auflage des „Stern“ bei 528 860 Exemplaren. (dpa)