Von der Karbidfunzel zum Carbonrad - 200 Jahre haben das Fahrrad gründlich verändert

Von App-gestützter Luftfederung und verschleißarmem Riemenantrieb konnte Karl Drais, als er 1817 mit seinem hölzernen Veloziped unterwegs war, wohl noch nicht einmal träumen. 200 Jahre später ist das Zweirad zum Hightechprodukt geworden.

Zweiradpionier Karl Drais stieg zur ersten längeren Fahrradtour am 12. Juni 1817 auf eine hölzerne Laufmaschine, die noch nicht einmal Pedale hatte. Wie sehr sich die Fahrradtechnik im Laufe der Zeit gewandelt hat, zeigen einige Beispiele.

Die Räder, die Drais an sein Veloziped montiert hatte, waren aus Holz. Während sich spezielle Holzfelgen über längere Zeit nur im Radrennbereich halten konnten, wurden die Laufräder bald aus Stahl, später dann aus leichteren Aluminiumlegierungen gefertigt. Dann kam das ultraleichte Carbon, zunächst im Rennsport.

Mittlerweile sind Bauteile aus dem robusten und leichten Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoff (CFK) vergleichsweise günstig geworden. Für Ruprecht Müller, ADAC-Fahrradexperte, sind Alltagsräder grundsätzlich handlich genug, und bedürfen nicht unbedingt der Carbonfelge: Für spezielle Anwendung, etwa im High-Tech-Straßenrenner, mag dies anders sein.

CFK, aus dem im Profibereich auch Rahmen gefertigt werden, macht der Fahrradkette Konkurrenz. Ein Vorteil: Der Riemen rostet nicht, braucht keinerlei Pflege und ist nicht ölig. Nur teurer als eine Kette ist er.

Dass Fahrradtechnik immer komplexer wird, sieht auch der Fahrradexperte so. „Aber die Anwendung wird einfacher“. Ein Beispiel sei die Funkschaltung als sehr kompliziertes Bauteil, bei dem es zum Beispiel anspruchsvoll sei, die Bluetooth-Funkfrequenz „hacksicher“ zu gestalten. Dagegen ließen sich die Gänge mit Schaltwippen wie im Auto spielend einfach wechseln – das war bei der ersten Nabenschaltung im ausgehenden 19. Jahrhundert anders.

„Die Funkschaltung ist einfach zu montieren, Sie brauchen keine Kabel mehr“, sagt ein Fachmann. Die US-Marke Sram hat seit 2016 eine der ersten kabellosen Funkschaltungen auf den Markt gebracht, die 1911 Gramm wiegende Red eTap für Rennräder mit 2×11 Gängen. Weil statt Seilzug und Feder kleine Elektromotoren den Schaltvorgang auslösen, verlaufe dieser schneller, präziser und dadurch verschleißärmer, so der Hersteller. Die Akkus zur Stromversorgung muss man regelmäßig laden.

Fahrradanhänger für den Nachwuchs gab es auch schon in den 1930er Jahren, wie der einspurige Kinderanhänger Rally belegt, Teil der Sammlung im Deutschen Fahrradmuseum in Bad Brückenau. Auch Kinderhängesitze, die man am Lenker befestigte, gab es schon vor dem Krieg. In den Siebzigern kamen sie in Mode, aber heute würde niemand mehr sein Kind als Knautschzone einsetzen.

Weitaus sicherer ist der Nachwuchs in einem Kindertransporter unterwegs. Ein solcher lässt sich vom Rad abgekoppelt auch als Kinderwagen zum Schieben nutzen. Grundsätzlich gilt: Der Kindertransport im Anhänger habe den Vorteil, dass die Fahreigenschaften des Fahrrades wegen der ähnlichen beziehungsweise gleichen Schwerpunktlage weniger verändert würden als bei Kindersitzen am Lenker oder am Gepäckträger, sagt Ruprecht Müller, Fahrradexperte beim ADAC. Nur haben die Kinder nicht mehr so eine gute Übersicht wie in den alten Einhängesitzen, und sie fahren im Straßenverkehr in Höhe der Auspuffendrohre von Autos.

Wenn man das Kinderrad Phillips aus den 1950er-Jahren betrachtet, fällt auf: Es sieht aus wie ein geschrumpftes Herrenrad. Früher waren Räder für den Nachwuchs ergonomisch nicht auf Kinder eingestellt. Heute sieht das anders aus.

LED-Leuchte statt Karbid-Funzel

Noch in den 1920er-Jahren war es üblich, Gas abzufackeln, um Fahrräder zu beleuchten: Es war die Zeit der Karbidlampen, die auch an frühen Autos montiert waren. Im Vergleich zu Hightechprodukten von heute war die Lichtausbeute sehr spärlich. Mit modernen LED-Scheinwerfern kann man heute sogar Autofahrer richtig blenden.

Eine solche Hochleistungslampe kann 150 Lux erreichen. Über USB wird der Akku, der auch als Powerbank nutzbar ist, geladen. „Moderne Lichtanlagen mit LED-Leuchtmitteln und angetrieben mit Nabendynamos bieten gutes Licht“, sagt ADAC-Experte Ruprecht Müller.

Der Luftdruck wirkt sich auf den Federungskomfort aus. Das weiß jeder, der schlappe Reifen aufpumpt und dann während der Fahrt Unebenheiten direkt im Handgelenk spürt. So hat der Hersteller Quarq das streichholzschachtelgroße System Shockwiz entwickelt, das „100 Mal in der Sekunde den Luftdruck der Luftfederung misst“, erläutert ein Experte. Die Daten können mit einer Smartphone-App ausgelesen werden. Sie gibt dann Empfehlungen zur Einstellung. Das Ziel: die Reifen möglichst am Boden zu halten, um gut lenken, bremsen und beschleunigen zu können. (dpa)