„Starlight Express“ seit 30 Jahren in Bochum

Als Veronika Hammer nach Bochum kam, hatte sie eigentlich noch nie richtig auf Rollschuhen gestanden. Jetzt spielt die 24 Jahre alte Österreicherin aus Linz eine Hauptrolle im Rollschuh-Musical „Starlight Express“. Seit 30 Jahren wird das Musiktheaterstück in Bochum aufgeführt. Kein Musical auf der Welt wurde bislang länger in einem Haus gespielt, sagt der Veranstalter Mehr!

Zum Jubiläum haben die Musicalmacher um den Komponisten Andrew Lloyd Webber (70) dem rasanten Rollschuhspektakel eine Rundum-Modernisierung verpasst. Startschuss der überarbeiteten Show ist nach einigen Vorpremieren am 12. Juni unter den Augen Webbers und seines Teams, taggenau 30 Jahre nach dem allerersten Rollschuhrennen in der Ruhrgebietsstadt.

Die Österreicherin ist ausgebildete Musicaldarstellerin. Wenige Tage vor der ersten Vorpremiere wirkt sie trotz harter Probenarbeit vollauf begeistert: „Allein der Gedanke, dass ich auf Rollschuhen stehe und singe und tanze, lässt einem das Herz aufgehen“, sagt sie. Von Webber persönlich in London ausgewählt, gehört sie seit Anfang Februar zum Ensemble, das hier Cast genannt wird. 43 Darsteller gibt es insgesamt, jeweils 26 von ihnen sind an einer Aufführung beteiligt. Erstmal musste Hammer Rollschuh-laufen lernen. „Am Anfang waren wir nur im Ballettsaal, um die Technik zu lernen. Es geht ja darum, dass alle den gleichen Stil haben und gleich skaten.“ Erst nach einem Monat rollte die Künstlerin zum ersten Mal durch den Aufführungssaal. Auf der Bühne wird sie nun „Carrie“ verkörpern, einen Gepäckwaggon.

Die Weltmeisterschaftder Züge

In dem Stück geht es um einen Kindertraum, in dem Züge eine Weltmeisterschaft austragen. Die junge Dampflok namens „Rusty“, die Diesellok „Greaseball“ und die E-Lok „Electra“ wetteifern darum, die Schnellste zu sein. Eine Liebesgeschichte darf nicht fehlen. Am Ende hilft auch sein Glaube an eine Art transzendenten Schnellzug, den „Starlight Express“, dass der sympathische Rusty das Rennen und seine Herzensdame gewinnt. Die Darsteller flitzen bei der Aufführung mit bis zu 60 Stundenkilometern durch die eigens für das Musical gebaute Halle. Die Bahntrassen führen auf mehreren Ebenen mitten durch die Zuschauerreihen. Die Halle gehört der Stadt. Starlight Express zahlt Miete.

Webbers Unternehmen „The Really Useful Group“ hält nach wie vor die Rechte an dem Stück.

Zusammen mit seinem Team hat der vielfach preisgekrönte Komponist das Musical zum Jubiläum überarbeitet. Die Technik wurde modernisiert, die Musik verändert, neue Figuren eingeführt: „Es war nicht mehr modern, dass die Züge alles Männer sind und die Anhänger Frauen“, sagt Theaterleiter Meinolf Müller (57). Webber habe die Musik selbst überarbeitet. „Er hat eine konkrete Vorstellung davon, wie es sein soll, und feilt an jeder Harmonie. Auch die Orchesterarrangements macht er selbst.“ In der neuen Show gibt es jetzt auch zwei weibliche Züge, wo die Frauen vorneweg fahren. Vom Raucherwaggon „Ashley“ müssen sich die Zuschauer dagegen verabschieden. Zu unmodern.

Mit dem Musical „Starlight Express“ wird Geld verdient. Über 26 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete das Theater im vergangenen Jahr, sagt der Geschäftsführer des in Düsseldorf sitzenden Veranstalters Mehr! Entertainment, Maik Klokow. Knapp 4,5 Millionen Euro habe die Überarbeitung der Show gekostet. „Wir gehen davon aus, dass wir nochmal fünf bis zehn Jahre spielen können.“

Ein kräftiges Plus auch für die Stadt Bochum

Auch bei der Stadt Bochum ist man froh, dass das Musical so gut läuft. „Starlight Express ist ein kultureller Leuchtturm in Bochum und in der Region“, sagt Thomas Weckermann, Prokurist bei Bochum Marketing. Und ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor. So sei allein die Zahl der Übernachtungen von 166.000 im Jahr 1987, also vor dem Musical, auf mittlerweile 646.000 im vergangenen Jahr gestiegen. Weckermann schreibt die Steigerungen im Wesentlichen dem Musical zu. Und: „Die Leute wollen auch ein bisschen drum herum machen.“ So nutzten viele den Besuch in Bochum etwa für einen Abstecher in das Vergnügungsviertel Bermudadreieck. Wer länger bleibe, gehe auch gern ins Planetarium, das Deutsche Bergbaumuseum oder fahre nach Essen zur Zeche Zollverein.

Rund die Hälfte der deutschen Besucher kommen aus Nordrhein-Westfalen, auch viele Baden-Württemberger (10 Prozent) und Bayern (8 Prozent) sind unter den Zuschauern.

Die sind zu gut 60 Prozent weiblich. Ein Drittel der Gäste kommt mit Familie. Und welches ist die Botschaft des Stücks? „Der Glaube an sich selbst, dass man den nicht verlieren darf“, sagt Müller. „Am Ende kann man alles schaffen.“ (dpa)