Geschmack und Gesundheit aus der Knolle


Von Ines Schipperges

Ingwer und Kurkuma sind Helden der modernen Küche und beleben zahlreiche Speisen. Doch die vielseitig einsetzbaren Pflanzen sind nicht nur groß im Geschmack. Auch in der Medizin wird ihnen wahre Wunderwirkung nachgesagt.

Möhrensuppe, Smoothies oder die obligatorische Wasserkaraffe auf einem schön gedeckten Tisch; aus all dem ist Ingwer kaum mehr wegzudenken. Gemeinsam mit Kurkuma hat es sich einen festen Platz in den Gewürzregalen erobert. Und auch im Medizinschränkchen halten die beiden Sprossknollen langsam Einzug.

Während Kurkuma etwas milder ist, lieben Kulinariker am Ingwer seine fruchtige Schärfe. In Asien schätzt man sie nicht nur auf der Zunge: „Scharfstoffe dienen als Konservierungsmittel, und diese Eigenschaft macht man sich in vielen heißen Ländern zunutze“, sagt Gabriele Kaufmann, Ökotrophologin. Wer den charakteristischen Geschmack schätzt, aber nicht gerne auf Ingwer herumkaut, kann auch ein Stück ins Gericht geben und vor dem Essen wieder herausnehmen. „So erhält man das Aroma und reduziert zugleich etwas die Schärfe.“

Wegen seiner süßlich-säuerlichen Note wird Ingwer zudem gerne mit süßen Gerichten kombiniert. Kaum ein Süßigkeitenregal kommt mehr ohne dunkle Ingwerschokolade aus. Auch in englischem Gebäck wird er gern verarbeitet.

Kurkuma ist nicht so stark im Geschmack, dafür ist sie ein echter Hingucker: „Kurkuma enthält einen intensiv gelben Farbstoff, das Kurkumin“, sagt Kaufmann. Currys zum Beispiel verleiht sie ihre gold-gelbe Farbe. Die Verarbeitung erfordert allerdings Fingerspitzengefühl: „Wenn Kurkuma zu scharf angebraten, zu lange gekocht oder überdosiert wird, kann sie bitter werden.“

Da die Rezeptoren für Bitterstoffe bei jedem unterschiedlich ausgeprägt sind, rät Kaufmann, auszuprobieren, welche Menge am besten schmeckt. Zum Herantasten kann Kurkuma ins fertige Gericht gemischt werden, ohne sie mitzukochen. Kurkuma verträgt sich gut mit Meeresfrüchten und Fischgerichten. „Für mich passt Kurkuma auch wunderbar zu Dill.“

Sowohl Ingwer als auch Kurkuma eignen sich aber nicht nur als Gewürz. Wegen seiner ätherischen Öle und der Scharfstoffe, der Gingerole, ist Ingwer eine beliebte Heilpflanze. Damit die Öle erhalten bleiben, sollte die Knolle immer à la minute verarbeitet werden: „Ingwer schneidet man möglichst frisch, da sich die ätherischen Öle mit dem Zerkleinern verflüchtigen“, erklärt Kaufmann. Dass die Gingerole gegen Reisekrankheit, Übelkeit in der Schwangerschaft, nach Operationen und bei Chemotherapien helfen, ist gut belegt. „Eine Studie mit mehr als 500 Krebspatienten hat im Placebo-Vergleich deutliche Effekte von Ingwer-Kapseln gegen akute Übelkeit gezeigt“, sagt Prof. Roman Huber, Leiter des Uni-Zentrums für Naturheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg. Experten gehen davon aus, dass die Gingerole Neurotransmitter wie Serotonin und Substanz P im Magen-Darm-Trakt beeinflussen. Auch die Magenentleerung wird beschleunigt.

Medizinjournalist Jörg Zittlau setzt selbst bei Reiseübelkeit auf Ingwer: „Wenn ich fliege oder Auto fahren muss, esse ich immer eine Tafel Ingwerschokolade.“ In Experimenten wurden Probanden auf einem Stuhl durchgerüttelt. Die Leute, die Ingwerextrakt zu sich genommen hatten, litten am seltensten unter Übelkeit.

Reiseübelkeit ist eine Stresserkrankung. Wie Zittlau erläutert, werden bei Gleichgewichtsschwankungen Warnsignale an Darm und Magen gesandt. Ingwer beruhigt die Magen- und Darmwände, indem er in den Haushalt des Serotonins eingreift, ein Hormon, das für Ausgeglichenheit und Entspannung sorgt. Wie auch Johanniskraut tragen Ingwer und Kurkuma zur Stabilisierung des Serotoninspiegels bei und gelten daher als Gutelaunepflanzen.

Als antioxidative Pflanzen neutralisieren Ingwer und Kurkuma zudem freie Radikale. „Diese Pflanzen haben generell eine krebshemmende Wirkung“, sagt Zittlau. Als Krebsmedizin würde er sie dennoch nicht bezeichnen und auch Huber äußert sich mit Vorsicht: „Studien am Menschen gibt es bisher nur in begrenzter Form.“ Viele Effekte wurden in Mäuse-Experimenten nachgewiesen. Auf den Menschen lassen sich solche Experimente nicht ohne weiteres übertragen. In Zellkulturversuchen wurde nachgewiesen, dass der Inhaltsstoff Kurkumin Tumorzellen abtöten kann. In Mäuse-Experimenten wiederum wurde eine Verstärkung der Wirkung einer Chemotherapie deutlich. Das Problem ist Huber zufolge, dass Kurkumin sehr schlecht vom Körper aufgenommen wird. Momentan versuche man daher, die Resorption mithilfe von fettlöslichen Mitteln zu verbessern.

Fest steht, dass die Knollen dem Bauch gut tun: „Traditionell sind Kurkuma und Ingwer verdauungsförderliche Mittel“, sagt der Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. „Sie regen den Gallenfluss und andere Verdauungssäfte an.“ Damit werde Völlegefühl, Krämpfen und Blähungen vorgebeugt.

Zudem eignet sich Ingwer als Erkältungstee. Dabei ist die Zubereitung wichtig, erklärt Zittlau: „Um die Wirkstoffe herauszukitzeln, müssen die Wurzeln zwanzig Minuten auf kleiner Hitze in Wasser köcheln.“ (dpa)