Garderoben als stilvolle Dekoration



Offene Grundrisse und ineinander fließende Räume sind ein Standard bei Neubauten. Umso mehr rücken Möbel in den Fokus, die Stauraum schaffen, und Wohnaccessoires, denen man in der Vergangenheit eher nicht so viel Beachtung schenkte. Dazu gehören Garderoben. Designer haben das ebenso praktische wie stilvolle Aufhängen von Jacken und Mänteln zu einer eigenen Disziplin erhoben. Dabei sind manche Objekte fast zu schön, um unter Stoff zu verschwinden.

Hang Around ist so ein Modell: Die Kanadier Joy Charbonneau und Derek McLeod haben für das junge dänische Label Karakter einen Rahmen aus Eisen kreiert. Er hängt – einem Bild gleich – dekorativ an der Wand. Braucht man ihn, kommen seine feinen Linien mit sieben Kugeln als Endpunkte im Inneren zu Nutzen: Hier hängt der Besitzer seine Siebensachen auf.

Aus einer Kooperation des Berliner Designers Mark Braun mit dem Bonner Label Echtstahl, dessen Produkte ausschließlich aus recyceltem Stahl gefertigt werden, entstand Piro. Und wieder spielt der Rahmen eine Rolle, denn diese Garderobe besteht aus einem gebogenen Rohr und einem gekanteten Blech an der Unterseite. An der Wand befestigt, lassen sich oben Kleiderbügel aufhängen und unten, in das an einen Zeitungshalter erinnernde Blech, Mützen und Schals ablegen.

„Piro ist von meiner Faszination für einfache, aber prägnante Alltagsprodukte inspiriert, die neben ihrer Basisfunktion vor allem auch eine narrative, grafische Ausdruckskraft entfalten sollten, um neben purer Funktion vor allem auch Charakter und Identität in den Alltag zu integrieren“, erklärt Designer Braun. Dass der Eingangsbereich eine Visitenkarte des Hauses ist, hat das deutsche Unternehmen Schönbuch zum Anlass genommen, mit einigen der bekanntesten zeitgenössischen Designer wie Sebastian Herkner, Kaschkasch und Scholten & Baijings kreative Lösungen für diesen Raum zu realisieren.

Felix Stark setzt mit der Garderobe Curve ebenfalls auf einen Rahmen. Der Clou dieses platzsparenden Möbels: Der Rahmen wird flach an der Wand installiert. Wird die Garderobe gebraucht, wird sie am oberen Ende in den Raum ausgeklappt, so dass sie nun schräg steht – und Platz für eine große Anzahl Kleiderbügel bietet. Ein Magnet ermöglicht die Bewegung. „Ich habe oft und gerne Besuch“, sagt Designer Felix Stark zu seiner Idee. Meistens warfen alle ihre Jacken und Mäntel im Schlafzimmer auf das Bett, da seine Garderobe nicht ausreichte. „Was mir fehlte, war etwas wie eine Instant-Garderobe, die bei Bedarf da, aber nie im Weg ist.“

Ein weiteres Beispiel für die Philosophie von Schönbuch, auch den Flur und die Diele als wohnlichen Lebensraum zu interpretieren, sind die Dots Stone des Designstudio Apartment 8 aus München. Der Name ist Programm: Dots steht im Englischen für Punkte. Hier genauer gesagt sind es Kugeln geworden, jede einzelne ein Unikat aus Marmor. Sie werden an einer Stange aus Edelstahl an die Wand gebracht – als bunte Farbtupfer und Raumdekoration oder eben bei Bedarf als Garderobenhaken.

Eine ähnliche Idee hat die italienische Designfirma Kartell mit den Jellies Coat Hanger auf den Markt gebracht. Die Garderobenhaken aus einem synthetischen Kunststoff von Patricia Urquiola erinnern an Götterspeise. Sie lassen sich einzeln oder in Gruppen an der Wand arrangieren. „Ich arbeite oft sehr lange an einem Produkt“, sagt die Designerin. „Aber am Ende soll es, wie die verschiedenen Teile des Serie Jellies, mit Frische und Leichtigkeit daherkommen. Und es soll den Nutzern lange Freude machen. Dafür muss man Qualität liefern und dafür sorgen, dass das Objekt wirklich zeitgemäß ist.“

Eine ebenso minimalistische wie belastbare Wandgarderobe hat das Schweizer Designstudio Big-Game für das dänische Unternehmen Hay gestaltet: Beam setzt sich aus einem H-förmigen Wandprofil aus pulverbeschichtetem Aluminium und Haken aus Eschenholz zusammen. Die Haken lassen sich auf der Leiste flexibel verschieben und tragen auch größere Gewichte wie schwere Wintermäntel.

Auf einen hohen visuellen Effekt setzt der Kanadier Alan Wisniewski mit seiner Wandgarderobe Subway für das in Toronto ansässige Label Umbra. Sie ähnelt – bei dem Namen erwartbar – einem U-Bahn-Plan inklusive Haltestellen. An ihren Knotenpunkten befinden sich die Haken. „Die Idee zu der Garderobe kam mir tatsächlich beim Betrachten von U-Bahn-Netzen“, so Alan Wisniewski. „Tatsächlich lasse ich mich oft von sehr alltäglichen Dingen anregen und versuche, sie dann auf eine durchaus kunstvolle Art in einen anderen Kontext zu bringen.“

Eine Lösung für kleine Wohnungen und Minimalisten ist die Garderobe mit Namen Hängehaken 1 for 8 von Katja Kirchhoff und Sophia Muckle. Das deutsche Label Side by Side fertigt sie aus einem Ahornstab, an dessen beiden Enden jeweils ein gebogener Haken aus Edelstahl sitzt, wie man ihn von Kleiderbügeln kennt. Damit lässt sich der Hängehaken als Erweiterung an eine bestehende Garderobe setzen, aber auch im Kleiderschrank oder an anderen Haken im Flur und Bad nutzen.

Aber auch so mancher Klassiker passt in das moderne Bild einer funktionalen und zugleich dekorativen Garderobe – etwa Hang it all von Charles und Ray Eames von 1953.

Die bunten Kugeln sollten vor allem Kinder dazu animieren, ihre Kleidung aufzuhängen. Vitra hat die Garderobe seit vielen Jahren im Programm – und passt sie immer wieder dem Zeitgeist an. Aktuell gibt es das Modell unter anderem in Grün, in Weiß, in Schwarz, mit einem Farbverlauf von Crème zu Bleu und Grün oder mit Kugeln aus Nussbaum. (dpa)