Der tiefe Ausschnitt „ist eher out“

In München tummeln sich gern die Stars, hier Maria-Carina Woitschack, Lebensgefährtin von Volksmusiksänger Mross. | dpa

Was in den 1970er und 1980er Jahren als vollends spießig galt, ist heute en vogue. Junge Leute lieben Brauchtum, Volkstanz, Tracht. Die globalisierte Welt, so glauben viele, sorge für Sehnsucht nach Heimat. „Wer Dirndl und Lederhose trägt, zeigt, dass er dazu gehören will“, sagt Manfred Newrzella, Geschäftsführer beim Festring München, der alljährlich den Trachtenumzug zur Wiesn organisiert.

Minidirndl mit Glitzerschürzen sind laut Newrzella und anderen Trachtenexperten out. Man trage eher gedeckte Farben. Taube sei sehr angesagt und züchtig: Unten das Knie bedeckt, oben wenig Dekolleté.

Immerhin nostalgisch

„Der tiefe Ausschnitt ist derzeit eher out“, schreibt das „Handelsblatt“ und zitiert Axel Munz, Chef von Trachten Angermaier in München, der von einem „Vintage-Trend“ spricht. Zu erkennen sei dieser neben den hochgeschlossenen Dirndl auch an Elementen wie Schößchen am Rücken und Schließen an den Miedern. Manches erinnert eher schon an bürgerliche Trachten. Aber immerhin: Nostalgisch.

Die passende Frisur mit geflochtenem Haar, das sich kunstvoll um den Kopf windet, stammt auch aus diesen früheren Zeiten. Der Frida-Kahlo-Gedächtnis-Blumenkranz im Haar– ein Streitfall. Lästerte die „Süddeutsche Zeitung“ über „Landpomeranzen“, so sieht der Bayerische Trachtenverband darin im weitesten Sinne ein Trachtenelement. „Der Trend geht auf jeden Fall zu mehr modischer Kopfbedeckung. Es ist doch schön, wenn sich die Mädels mit Blumen in den Haaren schmücken“, sagt Erich Tahedl, Geschäftsführer des Bayerischen Trachtenverbandes.

Der Blumentrend passe auch zu den bunten Hüten, die in den vergangenen Jahren zu sehen waren, sagt Tahedl. „Früher ist keine Frau ohne Kopfbedeckung aus dem Haus gegangen.“ Jedenfalls freue sich der Trachtenverband darüber, dass die Dirndl wieder traditioneller sind. „Ob das die Länge ist, die Farben, die geschlossenere Kleidung. Es muss nicht alles offen gelegt werden.“

Auch Herren greifen zu Traditionsreich-Edlem. Wiesnchef Josef Schmid erschien zum Anstich in seiner neuen Lederhose mit blauer, handgestickter Verzierung. Blau sei die Farbe, die früher den Königen vorbehalten gewesen sei, berichtete er.

Als Nachfolger von König Max I., dem allerersten Wiesnchef im Jahr 1810, gebührt dem heutigen Festleiter ganz automatisch Blau.

Mann greift auch in dieser Saison gerne wieder zum Karo-Hemd in rot, blau und sogar grün. Auch wenn Trachtler darüber die Nase rümpfen. Denn zum Oktoberfest gehört ihrer Meinung nach natürlich ein weißes Leinenhemd mit Hirschhornknöpfen. Auch ein Trend, dem eher Männer folgen: Der Hut, zum Beispiel in Form von Hendln oder Maßkrügen.

Gewagte Outfits wie im Vorjahr, als ein Besucher aus Wisconsin im weiß-blauen Rautenanzug erschien, sind aber eher die Ausnahme. (dpa)