Im Keller der Historie: Haus der Geschichte öffnet sein Depot

Der Sammlungsdirektor Dietmar Preißler erklärt eine Statue aus dem dritten Reich und eine Figur von Lara Croft. Das Haus der Geschichte öffnet ab Mitte März sein Depot für Besucher. | dpa

Dietmar Preißler will jetzt mal zeigen, wie das funktioniert. Wie man herausfindet, ob irgendwo in den Untiefen des Hauses der Geschichte in Bonn zwischen Jukeboxen aus den 50ern, Flipperautomaten, Nudelsieben und dem Sprechzettel von Ex-SED-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski auch Lara Croft zu finden ist. Lara Croft ist die Computer-Spiel-Amazone, die Mitte der 90er zur Popkultur-Ikone wurde – in historischen Zusammenhängen gedacht also eine noch eher neue Erscheinung der Geschichte. „Ich kann nicht zu einer Million Objekte alles im Kopf haben“, erklärt Preißler. Er tippt „Lara“ und „Croft“ in einen Computer ein. Und tatsächlich: 16 Treffer. Irgendwo hier unten ist sie also zu finden, die Lara.

Die Demonstration soll veranschaulichen, wie im Depot des Hauses der Geschichte in Bonn gearbeitet wird. Preißler ist Sammlungsdirektor und das Depot ist quasi das Archiv seines Hauses. In unterirdischen Geschossen, bei denen streng auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit geachtet wird, sind Tausende Objekte eingelagert. Ans Tageslicht kommen sie in der Regel nur, wenn sie Teil einer Ausstellung oder verliehen werden. Besuchern bleibt dieser Trakt des Hauses eigentlich verschlossen. Jede Klimaschwankung ist nämlich potenziell schädlich für die Sammlung. Von Mitte März an wird sich das aber nun ändern.

Im Museum steht ein Umbau am Dach an. Die bekannte Dauerausstellung wird deswegen aus Sicherheitsgründen geschlossen. Das Museum bleibt aber geöffnet und bietet einige Alternativen an – darunter erstmals eine Depot-Führung. Im Gruppen von maximal 25 Leuten kann man dann die Lagerräume erkunden. Das Zeitfenster ist allerdings nicht allzu lang: Ende November soll damit schon wieder Schluss sein.

Es ist eine Führung mit einem rauen Charme. In einem Lastenaufzug geht es nach unten, man hört Türen quietschen. Unten angekommen geht es in das sogenannte Metalldepot. An den Wänden sieht man allerlei Rohre. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man sich auch in einem Heizungskeller wähnen. Im Metalldepot ist alles zusammengestellt, was komplett oder überwiegend aus Metall ist. Es ist die einzige Lagerstätte, die das Museum öffnet. Beim Textildepot etwa sei das schon nicht mehr zu verantworten, sagt Präsident Hans Walter Hütter. Da seien die Klimaveränderungen durch Besucher viel zu schädlich.

Da die Depots nicht nach Themen, sondern nach Material geordnet sind, ergibt sich eine einzigartige Zusammenstellung unterschiedlicher Epochen. Auf einem Werbe-Blechschild lacht Schauspieler Luis Trenker (1892-1990) und verspricht „strahlende Bräune ohne Sonnenbrand“. Ein paar Schritte weiter steht eine Jukebox, in der einst 50-Pfennig-Stücke versenkt wurden, damit eine kleine Puppenband anfängt zu musizieren. Von einem Flipperautomaten aus schaut ein gezeichneter „Playboy“-Gründer Hugh Hefner im Bademantel herab. An anderer Stelle findet man die Stangen für einen alten Boxring, in dem Deutsche in der Nachkriegszeit Amerikaner herausfordern konnten – und dabei Fair Play lernen sollten.

Um so einen Bestand aufbauen zu können, dauert es einige Zeit. Sammlungsdirektor Preißler kann lange davon berichten, auf welchen Umwegen man an bestimmte Objekte gekommen ist. Und auch, was er alles schon ablehnte. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass jede Wohnungsauflösung in Bonn über meinen Schreibtisch geht“, sagt er.

Am Ende des Rundgangs steht sie dann tatsächlich da: Computer-Spiel-Amazone Lara Croft. Neben ihr: Ein Strandkorb vom G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm und eine Männer-Figur, die einst auf dem Reichssportfeld der Nazis stand – samt Einschussloch. Es ist ein Ensemble, wie man es wohl in keiner Ausstellung der Welt finden könnte. (dpa)