Sodom und Gomorrha: Papst vor entscheidender Schlacht

<p>Papst Franziskus hat zum Krisengipfel im Vatikan geladen.</p>
Papst Franziskus hat zum Krisengipfel im Vatikan geladen. | dpa


Der Missbrauchskandal von Kindern durch katholische Geistliche hat die Runde des Globus gemacht. In den letzten Jahren gab es praktisch kein Land, aus dem nicht Fälle von Missbrauch von Kindern, meist Jungen, durch den Klerus bekannt geworden wären. Schlimmer: Meist handelte es sich um Vergehen, die sich wiederholten, manchmal über Jahrzehnte hinweg. Und sie wurden oft gedeckt von Kirchenoberen bis hin zu Kardinälen und bis in den Vatikan.

Selbst dem jetzigen Papst, der das schwere Erbe bei Amtsantritt übernehmen musste, wurde kürzlich vorgeworfen, er lasse nicht die notwendige Härte im Kampf gegen den Missbrauch walten.

Das jetzige Gipfeltreffen ist also auch für Papst Franziskus so etwas wie eine letzte Chance, sein Pontifikat zu retten. Denn er wird einst von der Geschichte vor allem an seinem Umgang mit dem doppelten Skandal gemessen: dem des Missbrauchs und dem des Wegsehens und systematischen Vertuschens und Verharmlosens.

Die Zeit ist mehr als reif für eine gründliche Aufarbeitung des Skandals. In der heutigen Zeit, in der die moralische Rolle der Kirche immer noch für viele Millionen Menschen – selbst wenn die Stellung der Kirchen allgemein an Einfluss verliert – von eminenter Bedeutung ist und in der Probleme nicht mehr vertuscht werden können, kann es nicht sein, dass die katholische Kirche als eine der führenden Weltreligionen sich außerhalb von Moral und Gesetz wähnt.

Ebenso wichtig wird aber sein, welche Maßnahmen die Führung der Katholiken ergreift, um solchen Missbrauch in Zukunft zu verhindern.

Gerade zu Beginn des Krisengipfels erscheint ein Buch, das den Finger genau in diese Wunde legt und einen kritischen Blick auf die Hintergründe und tieferen Ursache der Missstände wirft. Es ist natürlich nicht das Erste seiner Art. Und es wird auch nicht das Letzte sein.

In unserem kleinen Ostbelgien wäre es allerdings auch ein Fehler, den Blick auf das ferne Rom zu richten und seine Hände derweil in Unschuld zu waschen. Auch hier hat es Missbrauch gegeben. Möglicherweise gibt es ihn auch jetzt noch. Und er wurde, wie anderswo auch, vertuscht und meistens nicht mit angemessen Mitteln geahndet. Die Scham hindert die Opfer daran, Namen zu nennen. Uns erreichen allerdings in der Redaktion anonyme Schreiben, die den Missbrauch anzeigen. Und selbst Namen und Details nennen.

Leider ist Ostbelgien auch in dieser Hinsicht keine Insel der Glückseligen. Aufarbeitung tut not. Denn nur eine gründliche und ehrliche Aufarbeitung kann das gestörte Vertrauen vieler Gläubigen in „ihre Kirche“ und deren moralische Autorität wieder herstellen. Auch wenn viele der Kirche längst den Rücken gekehrt haben, bleibt sie, auch heute noch, ein Machtfaktor und, für viele ihrer Anhänger, ein Fels in der Brandung. Der aber in den Wellen unterzugehen droht. Papst Franziskus ist gefragt. Wie nie zuvor.

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