Kindergeld-Reform: Ab dem 8. Februar wird es ernst

  • Warum ist die DG für das Kindergeld zuständig?

Bisher lag die Zuständigkeit beim Föderalstaat, doch im Zuge der sechsten Staatsreform ist sie an die Gemeinschaften übertragen worden, also auch an die DG. Im April 2018 hatte das DG-Parlament eine Reform verabschiedet, die nun in Kraft getreten ist.

  • Was galt bisher?

Das Kindergeld für Arbeitnehmer ist hierzulande 1930 eingeführt worden, um die Geburtenrate zu steigern und die Familien bei den Kosten zur Erziehung der Kinder zu entlasten. Bisher war das Kindergeld gestaffelt – es gab mehr Geld für kinderreiche Familien. Hinzu kamen gestaffelte Alterszuschläge: Die Summen stiegen mit zunehmendem Alter der Kinder an.

  • Was ändert sich durch die Reform?

Wichtigste Änderung ist unter dem Motto „ein Kind ist ein Kind“ die Einführung eines Basisbetrages: Unabhängig von der Anzahl Kinder erhält man monatlich 157 Euro pro Kind. Die Beträge werden nicht mehr gestaffelt wie bisher. Ab dem dritten Kind gibt es eine Zulage für kinderreiche Familien von 135 Euro monatlich. Alterszuschläge werden gestrichen, weil sie im höheren Basisbetrag integriert worden seien, so der zuständige Familienminister Antonios Antoniadis (SP). Ein Beispiel: Eine Familie mit drei Kindern erhält im neuen System 3 mal 157 Euro (also 471 Euro) plus 135 Euro (Zuschlag ab dem dritten Kind). Macht unter dem Strich 606 Euro pro Monat für diese Familie.

  • Es gibt einen Übergangsmechanismus. Was heißt das?

Familien, die verglichen mit dem bisherigen Modell mehr Kindergeld erhalten, wechseln automatisch in das neue System. Für Familien, die durch einen Wechsel weniger Geld als bisher bekommen würden, werden die Beträge, die sie zu diesem Zeitpunkt erhalten, eingefroren und weiter ausgezahlt („Stand-still“-System). Dieser Übergangsmechanismus gilt solange, bis sich die Zusammensetzung der Familie ändert. Die eingefrorenen Beträge sind nicht indexiert.

  • Warum konnte nicht alles so bleiben, wie es ist?

Das neue Kindergeld-System sorgt in den Augen von Mehrheit (ProDG, SP und PFF) und Regierung für mehr Gerechtigkeit, weil jedes Kind gleich behandelt wird und den gleichen Basisbetrag erhält, unabhängig von der „Rangfolge“ der Kinder. Familien würde nunmehr gleich zu Beginn der Kindergeldkarriere unterstützt und nicht erst, wenn sie kinderreich werden. Außerdem sei das neue Modell deutlich einfacher als bisher, weil mit einheitlichen Basisbeträgen gearbeitet wird und gestaffelte Zuschläge wegfallen. Die Befürworter verweisen auch darauf, dass die DG im Zuge der Reform mehr Geld ausgibt, als sie vom Föderalstaat dafür erhält – und zwar 1,45 Millionen Euro.

  • Wer profitiert am meisten?

Die Ein-Kind-Familien profitieren von der Kindergeld-Reform am meisten. Sie stellen in Ostbelgien auch die größte Gruppe. Zum Vergleich: In der DG gibt es 8.417 Familien, die Kindergeld erhalten. Davon gibt es 3.838 Familien mit einem Kind, 3.266 mit zwei, 1.031 mit drei, 223 mit vier und 59 mit fünf oder mehr Kindern. Die Zahlen stammen von Ende Dezember 2017. Aktuellere Angaben gibt es nicht.

  • Die CSP lehnt die Reform ab und spricht von „Verlierern“. Was ist damit gemeint?

Obschon Familien, die im Vergleich zum bisherigen System weniger erhalten, in den Übergangsmechanismus rutschen, wird es im neuen System „Verlierer“ geben. Dann nämlich, wenn man die ausgezahlten Beträge einer kompletten Kindergeldkarriere im alten und neuen System miteinander vergleicht.

  • Wie kann das sein?

Hintergrund ist in erster Linie die Abschaffung der Alterszuschläge. Langfristig wirke sich das negativ für kinderreiche Familien aus und mache diese zu „Verlierern“, so die CSP. Mehrheit und Regierung empfinden entsprechende Aussagen als zu pauschal und setzen andere Modelle dagegen, in denen auch kinderreiche Familien profitieren. Über 18 Jahre lang bekämen alle Familien mehr Kindergeld entgegnen Regierung und Mehrheit. Ab dem 18. Lebensjahr seien die Rechenbeispiele hypothetisch, weil nach und nach die Familien aus dem Kindergeldsystem aussteigen.

  • Was ist denn richtig?

Eine klare Antwort ist schwierig. Die Reform führt tatsächlich zu einer drastischen Vereinfachung und sorgt dafür, dass Ein-Kind-Familien im Vergleich zu heute profitieren. Richtig ist aber auch, dass es kinderreiche Familien gibt, die im alten System mehr Kindergeld bekommen hätten, wenn man die bestehenden Regeln zum Vergleich nimmt. Pauschale Aussagen, dass man beispielsweise ab zwei Kindern im neuen System weniger als bisher erhält, sind allerdings falsch. Wegen der bisher geltenden Staffelungen (für mehr Kinder und für das Alter) ist es jedoch sehr kompliziert, die Systeme miteinander zu vergleichen.

  • Wann wird das „neue“ Kindergeld gezahlt?

Das Kindergeld wird immer am 8. eines jeden Monats für den Vormonat gezahlt. Die erste Zahlung des Kindergeldes auf Grundlage des neuen Modells erfolgt deshalb am 8. Februar 2019.

  • Es gibt den kinderreichen Zuschlag von 135 Euro ab dem dritten Kind. Gibt es noch weitere Zuschläge?

Es gibt ab der Geburt einen Jahreszuschlag von 52 Euro, den Familien mit Beginn eines neuen Schuljahrs erhalten (bislang gab es das erst ab sechs Jahre). Außerdem gibt es einen Sozialzuschlag von 75 Euro pro Kind und pro Monat, mit dem Familien mit einem niedrigen Einkommen unterstützt werden. Im neuen System wird ein Halbwaisenzuschlag von 120 Euro pro Kind und pro Monat gewährt. Ein Kind gilt als Halbwaise, wenn es ein Elternteil verloren hat. Der Vollwaisenzuschlag beträgt 239 Euro pro Kind und pro Monat. Ein Kind gilt als Vollwaise, wenn es beide Elternteile verloren hat. Für jedes Kind gibt es auch eine einheitliche Geburts- oder Adoptionsprämie von 1.144 Euro.

  • Welche Kinder in der DG haben Anrecht auf Kindergeld?

Alle Kinder, die ihren gesetzlichen Wohnsitz in der DG haben. Die DG zahlt aber nur für diejenigen das Kindergeld, die nicht im Ausland Kindergeld erhalten bzw. nur den Unterschied, wenn das Kindergeld, das die Familie aus dem Ausland bekommt, niedriger ist als das Kindergeld der DG.

  • Wer zahlt das Kindergeld bei Grenzgängern?

Die Auszahlung im Ausland ist durch EU-Recht geregelt. Daran ändert sich nichts. Grundsätzlich gilt: Wenn beide Elternteile im Ausland arbeiten, zahlt das Land des Arbeitsplatzes. Arbeitet jedoch ein Elternteil in Belgien und der andere in Deutschland, kommt Belgien prioritär für das Kindergeld auf. Wenn das Kindergeld im Ausland höher ist, dann zahlt die DG oder Belgien das Kindergeld in voller Höhe und das Ausland die Differenz zwischen den beiden Beträgen.

  • Wie lange wird das Kindergeld ausgezahlt?

Bis zum 18. Lebensjahr hat jedes Kind ein bedingungsloses Recht auf Kindergeld. Kinder, die einem Unterricht folgen oder eine Lehre absolvieren, erhalten auch nach ihrem 18. Geburtstag Kindergeld. Diese Regelung ist bis zum 25. Geburtstag gültig. Wenn ein Kind jedoch einen regulären Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, entfällt auch der Anspruch auf Kindergeld.

  • Im Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft kümmert sich im neuen System eine neue öffentliche Kasse um die Auszahlung des Kindergeldes. Wie läuft das konkret ab?

Das Personal der beiden bisherigen Kassen (Familienzulagenkasse und Famifed), das auf dem Gebiet der DG tätig war, wurde vom Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft mitsamt seinen Rechten übernommen. Die Familienzulagenkasse und Famifed werden in Ostbelgien aufgelöst. Die neue Kasse hat ihren Sitz im ehemaligen PDG-Fraktionshaus am Eupener Kaperberg. Der Umzug dorthin erfolgte Ende 2018.

  • Wie viele Personen kümmern sich um die Auszahlung des Kindergeldes in Ostbelgien?

Nach Angaben aus dem Kabinett von Antoniadis werden sich insgesamt 15 Personen (14,60 Vollzeitstellen) um die Bearbeitung der Akten und die Auszahlung der Familienleistungen, einschließlich der Sozialinspektionen, kümmern. Die Verwaltung wird von einem Fachbereichsleiter geleitet, der ebenfalls für den Familien- und Sozialbereich zuständig ist. Darüber hinaus wird die Verwaltung durch weitere Dienste des Ministeriums unterstützt (Informatik, Kommunikation, Finanzen und Personal).

  • Gab es Beschwerden gegen die nun in der DG geltende Kindergeld-Reform?

Die Klagefrist gegen das neue Dekret ist am 12. Dezember 2018 abgelaufen. „Uns ist keine Klage beim Verfassungsgerichtshof bekannt“, sagt Familienminister Antonios Antoniadis, der auch darauf verweist, dass sowohl in der Wallonie als auch in Flandern jeweils eine Klage eingereicht wurde.

  • Weitere Infos gibt es hier.